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Das Garagenmanifest

Die Ansammlungen von Garagen sehen meist simpel aus, hier und da auch verwahrlost. Sie bestehen noch heute, mehr oder weniger gepflegt und erzählen bis heute von den Garagenvereinen der DDR, deren Mitglieder ihre „Autohütten“ in Eigenbau erstellten und von den Bauherren der benachbarten Plattenbauten ihr Material kostenlos erhielten. Das war pure Sozialarbeit.

Fast jeder, der in der ehemaligen DDR aufgewachsen ist, kann Geschichten von den Garagen erzählen: von Wochenenden im Garagenhof, vom Auto, das – nach legendärer Wartezeit erworben – vor allem für die Urlaubsreise an die Ostsee bewegt wurde. Und auch heute noch wird hier an Autos gebastelt und Nachbarschaft gelebt. Im vereinten Selbstbau errichtet, breiten sich Anlagen, die aus mehr als eintausend Garagen bestehen können, an Siedlungsrändern aus. Kleinere Garagenkomplexe verstecken sich zuweilen mitten in der Stadt.

In den letzten Jahren ist das Interesse an einer Aufarbeitung der Architektur- und Planungsgeschichte der DDR stark gestiegen. Die Garagen als repräsentative Beispiele einer DDR-Alltagsarchitektur und Biotope der Alltagskultur des verschwundenen Staates finden dabei bisher viel zu wenig Beachtung. Das Garagenmanifest bietet nun erstmals eine Aufarbeitung dieses vielschichtigen DDR-Erbes. Neun mit Schwarz-Weiss-Fotografien, Zeichnungen und Lageplänen illustrierte Fallstudien geben Einblicke in die Bauart und Planungsweise verschiedener Anlagen. Ein vertiefender Essay beschäftigt sich mit den Ursprüngen der Bautypologie und mit den Bedrohungen, denen dieses Stück gelebter DDR-Kultur heute ausgesetzt ist.

Betrachtet werden schließlich auch denkmalpflegerische Entwicklungen: Kulturelles Erbe ist nicht einfach da, Denkmale werden gemacht, so lautet die Botschaft. Abgerundet wird das Buch durch einen Bildessay des Fotografen Martin Maleschka.

Ein kleines, aber feines Buch zur Erinnerung, nicht nur denkmalbezogen, sondern auch als Beispiel für „soziales Bauen“, wenn auch nur Garagen.

04.11.2021
Gabriele Klempert
Das Garagenmanifest. Hrsg.: Casper, Jens; Rellensmann, Luise; Beitr.: Hernandez, Laura; Kokert, Nora; Kuhnlein, Melanie; Schmalfuß, Lasse; Sielska, Justyna; Strahl, Hanna; Teng, Zhuoyou Zoey; Tucholski, Pawel; Unger, Moritz; Rellensmann, Luise; Casper, Jens; Fotos von Maleschka, Martin. Deutsch. 176 S. 13 fb. und 35 Abb. 20 x 13 cm. Pb. Park Books, Zürich 2021. EUR 25,00. CHF 29,00
ISBN 978-3-03860-240-8   [Park Books]
 
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