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Ewald Mataré - Das Plastische Werk. |
Das Werk kaum eines anderen Bildhauers ist so stark mit dem Neuaufbau der Kunstsammlungen in Westdeutschland verbunden wie das Ewald Matarés: Ähnlich wie Willi Baumeister, Fritz Winter und Ernst Wilhelm Nay in der Malerei bildete auch die Formensprache der Werke Matarés in der frühen Nachkriegszeit eine Fortsetzung der während des Nationalsozialismus verfemten Moderne. Die weiche fließende Formensprache der Tierplastiken des rheinischen Künstlers und seine ornamentalen Werke angewandter Kunst fügten sich perfekt in die von Nierentischformen geprägte Ästhetik der 1950er Jahre ein. Sein sanftes Abstrahieren von der Gegenständlichkeit machte seine Plastiken für weite Kreise zugänglich und seine Bereitschaft, sich auf Aufträge der Kirchen einzulassen, sicherte ihm sein Einkommen und dem Werk die öffentliche Präsenz. In zahllose westdeutsche Museen und Privatsammlungen hielten seine Plastiken Einzug. Beliebte Motive, wie seine geometrischen Kühe, aus der christlichen Ikonographie deutbaren Hähne oder liegenden Kälbchen, entstanden in zahllosen Varianten, verschiedensten Materialien und etlichen Güssen.
Die überbordende Vielfalt dieses Werks wurde von der Kunsthistorikerin Sabine Maja Schilling 1987 ein erstes Mal durch ein Werkverzeichnis erschlossen. Nun, fast vierzig Jahre später, erscheint dieses, auf mehr als den doppelten Umfang und um fast hundert Positionen erweitert, neu. Aus dem Handbuch von einst ist ein zweibändiges Monumentalwerk in robustem Schuber geworden. Vor allem dessen zweiter Band, der das eigentliche Werkverzeichnis enthält und rund 650 Werke freier und angewandter Kunst auflistet, abbildet und akribisch beschreibt, wird künftig für den Kunsthandel, Sammler und Museen unverzichtbar sein. Besonders gelungen und hilfreich für alle, die sich mit dem Werk Matarés künftig beschäftigen, ist die Verschränkung des Werkverzeichnisses mit den Erwähnungen der Werke in Tagebuchaufzeichnungen und Selbstaussagen des Künstlers; hilfreich sind auch die Register zu Personen, Motiven und Orten sowie die Übersicht über Signaturen und Stempelmarken. Weniger befriedigend, vor allem für Sammler und den Handel, sind die leider meist vagen Angaben zu Auflagenzahlen beliebter Motive und der ernüchternde Hinweis, dass auch den Bearbeitern des Werkverzeichnisses „die Unterscheidung eines Gusses, der vom Künstler selbst veranlasst wurde, von einem posthumen Guss nahezu unmöglich“ ist. Kurios ist auch die Bezeichnung der „Verwertung“ der 1937 als „entartet“ beschlagnahmten Werke Matarés durch die Kunsthändler Böhmer, Buchholz, Gurlitt und Möller als „Verkaufsausstellung“ des Deutschen Reiches im Depot des Schlosses Schönhausen. Doch tatsächlich hatten Matarés aus deutschem Museumsbesitz beschlagnahmte Tierplastiken zum großen Teil das „Glück“ selbst den Nationalsozialisten noch als „verwertbar“ zu erscheinen: So gelangte die sogenannte „Windkuh“ (Wvz. 20a) aus der Sammlung der Berliner Nationalgalerie 1962 in das Museum of Modern Art in New York und die „Große kniende Kuh“ (Wvz. 32), ebenfalls einst zur Sammlung der Berliner Nationalgalerie gehörend, in das Kunstmuseum Bern.
02.06.2025
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Rainer Stamm |
Ewald Mataré. Das Plastische Werk. Werkverzeichnis. Hrsg.: Schilling, Sabine Maja; Beitr.: Kunde, Harald; de Werd, Guido. 360 S. 120 fb. Abb. Wienand Verlag, Köln 2017. EUR 88,00. CHF 106,50 |
ISBN 978-3-86832-378-8
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