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Konkrete Fotografie |
Insbesondere Künstler der Moderne geben immer wieder an, dass eines ihrer Hauptmotive sei, Aufklärung über ihre Mittel und Verfahren zu geben, sie in ihren Werken freizulegen, also den prozessuralen Charakter ihres Werkes zu begründen. Wie kaum eine andere künstlerische Richtung nimmt konkrete Kunst dies für sich in Anspruch. Als Teilgebiet konkreter Kunst tritt um 1900 konkrete Fotografie an, fotografische Mittel zum fotografischen Gegenstand, das Medium zum Objekt zu machen. Konkrete Fotografie versteht sich als Konkretion der in der Fotografie enthaltenen bildnerischen Möglichkeiten. Sie arbeitet mit den Möglichkeiten, die Licht oder lichtempfindliches Material bieten. Konkrete Fotografie wird so zur Fotografie der Fotografie, sie bildet nichts ab und stellt nichts dar. Sie tat das öffentlich, wurde aber, wie die Fotografie insgesamt, die erst in den letzten Jahren als Kunst anerkannt wurde, eher als illegitimer Spross der Kunst behandelt. Was da im Verborgenen an konkreter Fotografie blühte, fand erst jetzt Eingang in eine Publikation, die erste ihrer Art. Obwohl es konkrete Kunst spätestens seit 1916, (der Initialtext dazu stammt von Alvin Langdon Coburn), gibt, erst weitere 50 Jahre später, 1967 taucht der Begriff Konkrete Fotografie zum ersten Mal öffentlich auf. Mit vorliegender Publikation wird nun einem größeren Publikum Begriff und Kunst der Konkreten Fotografie vorgestellt, ein work in progress. Der Begriff sei, so Gottfried Jäger, Professor für Fotografie, weder historisch noch begrifflich erschlossen, also eine vorläufige Angelegenheit. Gezeigt werden in chronologischer Abfolge 150 exemplarische Arbeiten Konkreter Fotografie, unterbrochen durch zwei weitere Texte von Rolf H. Krauss und Beate Reese und beginnend mit den großen Meistern, wie Man Ray, Lotte Jacobi, Xanti Schawinsky oder Alexander Rodtschenko. Jäger betont in seinem Eingangsstatement, dass diese Art der Fotografie eine schöpferische Methode und kein Stil sei. Sie sei, so Jäger weiter, offen für verschiedene Stile wie der Generativen Fotografie, die radikal konstruktiv verfährt oder der Bildanalytischen Fotografie, die sich an Konzeptart orientiert, und halte sich alle Möglichkeiten offen, das Fotografische immer wieder neu auf dessen Potenzen zu befragen. Den Traditionen konkreter Fotografie widmet sich der Beitrag von Beate Reese. Sie stellt vor: Fotogramme, dazu liegt eine vorzügliche Publikation von Floris M. Neusüss vor, Rhythmogramme, Luminogramme, Chemigramme, die Generative Fotografie und erklärt deren verwendete Materialien und Vorgehensweisen. Ergänzt wird ihr Beitrag durch eine „Kleine Geschichte der konkreten Fotografie“ von Rolf H. Krauss, der selbst als konkreter Fotograf arbeitet.
Konkreter wird es nicht, vorläufig, in der Konkreten Fotografie, eine faszinierende Kunst stellt sich vor, gelungen betextet von den drei Autoren, vorzüglich ausgestattet mit reichem Apparat, der eine Bibliografie, Namens- und Künstlerverzeichnis, Bilderläuterungen, ein Glossar und eine fotografische Semiologie enthält. Das alles zweisprachig in deutsch und englisch, es bleiben keine Wünsche offen. So sollen Kunstbücher sein, informativ, ohne belehrenden Ton, mit hervorragender Bildqualität und von den Verlagen mit Begeisterung gemacht.
28.10.2005
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Sigrid Gaisreiter |
Konkrete Fotografie. Hrsg. v. Gottfried Jäger. Dtsch./ Engl., 240 S., 64 fb. und 96 sw Abb., 24 cm, Gb., Kerber, Bielefeld 2004. EUR 32,-
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ISBN 3-936646-74-0
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