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Die Fotografie und ihre Institutionen

Dieser Band widmet sich einem lange vernachlässigten Thema der Fotografie, das es bisher so - thematisch gebündelt und aus unterschiedlichen persönlichen und institutionellen Blickwinkel recherchiert - noch nicht gab´: ein Überblick über das Phänomen der Institutionen des Mediums, das seit 1839 die Welt verändert hat. Naturgemäß besitzt dieser offene Fokus unterschiedlichste Aspekte, der die bisherigen Aktivitäten des Sammelns, Ordnens und Archivierens um relevante neue Blickweisen ergänzt.

Fotografien präsentieren Dokumente, die zunächst eine ausgewählte Gegenwart zeigen und durch ihren späteren Gebrauch zu Relikten und Monumenten ihrer kulturellen Entzifferung werden. Wie die Herausgeberinnen in ihrem Vorwort zu Recht schreiben oszilliert der Gebrauch zwischen diesen Polen Dokument und Monument - eine Differenzerfahrung, die als erster Erwin Panofsky auf den Punkt gebracht hat. In ihren heutigen unübersehbaren Massen an immer neuen Bilddatenmassen sind Fotografien nur noch mit großer Mühe sammel- und archivierbar. Bezeichnenderweise gibt es bis heute keine Fotowissenschaft. Die ca. 30 Essays, Interviews und biographischen Rückblick älterer Fachvertreterinnen dokumentieren, dass es heute im Grunde längst nicht mehr möglich ist von e i n e r Theorie/Institutionengeschichte der Fotografie zu sprechen - zu heterogen sind die heutigen Anwendungsfelder zwischen medienhistorischen, musealen, dokumentarischen, soziologischen und ökonomischen Zugriffsweisen und Interessen. Je nach - institutionell bedingtem - Blickwinkel handeln die Beiträge dieses Bandes von höchst unterschiedlichen Materialisierungen der Fotografien: Kunstwerken, historischen, sozialgeschichtlichen Dokumenten, digitalen Informationen, biographischen Kontexten, spezifischen Fotografie-Konvoluten innerhalb musealer Sammlungen. Die Foto-Bilder-Welt der heute existierenden kulturellen Monumente ist eine, die ohne einen auswählenden Blick ihrer Akteurinnen nicht mehr lebensfähig wäre. Die Erwartung einer Art >Vollständigkeit< ist unter diesen Umständen eine reine Illusion. Es geht heute nicht mehr wie noch etwa vor 40 - 50 Jahren um die Formulierung von ästhetischen Fototheorien á la Wolfgang Kemp oder Roland Barthes sondern sehr pragmatisch um die aktuelle Analyse und Differenzierung ihrer Anwendungs- und Verwertungsweisen. In diesem Kontext leistet dieser Band, der implizit auch die Diskussion um ein künftiges "Bundesinstitut für Fotografie" reflektierend begleiten möchte, wichtige Dienste und versteht sich selbst als notwendige Selbstreflexion gegenwärtiger Anwendungsweisen von Fotografie.

02.02.2025
Michael Kröger
Die Fotografie und ihre Institutionen. Von der Lehrsammlung zum Bundesinstitut. Bolin, Clara; Bona, Daria; Bose, Johanna; Dau, Jamie; Eggersglüß, Christoph; Farrenkopf, Michael; Fellner-Feldhaus, Manuela; Gripp, Anna; Gronert, Stefan; Jelonnek, Dennis; Kaschek, Bertram; Klein, Simone; Kokott, Jeanette; Kulbe, Nadine; Lemke, Kristina; Linnemann, Dorothee; Locher, Hubert; Melone, Mirco; Molderings, Herbert; Neugärtner, Sandra; Przigoda, Stefan; Schepers, Lukas; Schnetz, Jakob; Schürmann, Anja; Schulz, Christian; Siegel, Steffen; Winzer, Catharina; Yacavone, Kathrin; Zlobinski, Miriam. Hrsg.: Schürmann, Anja; Yacavone, Kathrin; Künstler / Künstlerin Goldbach, Philipp; Heelemann, Anke; Lulay, Lilly; Maierhofer, Sara-Lena; Riemer, Sebastian. 469 S. 83 fb. und 34 S/W-Abb. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2024. EUR 48,00.
ISBN 978-3-496-03098-0   [Dietrich Reimer Verlag]
 
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