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Farbige 1970er Jahre |
Er war in den siebziger Jahren der Zweite, der in die Fotoklasse von Bernd und Hilla Becher aufgenommen wurde, Candida Höfer war die erste. Und so scheint es geblieben zu sein, Höfer reussierte international, Volker Döhne wurde Fotograf und Gestalter der Krefelder Kunstmuseen. Weshalb es nun, jenseits Becherscher schwarz-weißer Industriefotografie, etwas zu entdecken gibt. Farbaufnahmen von Personenautos, auch Gartenlauben, 1979, in Krefeld und Wuppertal.
Die Stadt bleibt hier im Hintergrund, existiert nicht einmal als Kulisse. Gilt doch der fotografische Blick nur städtischem Randgebiet, dem Straßenrand, Parkplätzen. Immer ohne Menschen, Stillstand statt Bewegung. Auch der Autos, alle geparkt vor manchmal grauen, verwaschenen Hausfassaden, einem Jägerzaun und bisweilen wie absichtlich aufgestellt auf Parkplätzen, Bürgersteigen. Immer knallig monofarbig, in Farben die dem Betrachter fast in die Augen zu springen scheinen. Farbtupfer, die Farbenvielfalt signalisieren. Doch bunt bemalte Autos sucht man vergebens, die Pop-Farben der sechziger Jahre scheinen vergessen.
Vergebens sucht man auch Automobile der damaligen Oberklasse, kein einziges ist zu sehen. Dafür Mittelklasse-Autos, die alle wie gerade gewaschen wirken, sauber sind, gepflegt, unverbeult, unverschrammt. Ein Augenschmaus für Liebhaber von Oldtimern, all diese Fiats, Renaults, Enten (Citroen 2 CV) und VW-Käfer der siebziger Jahre.
Es sind Fotografien, die uns von der Bescheidenheit und dem maßvollen Selbstbewußtsein dieser Region erzählen. Und viel von der Atmosphäre eines kleinbürgerlichen Westdeutschland der siebziger Jahre, einer Atmosphäre, die hier nicht nur entdeckt werden kann sondern die in diesen Fotografien zu spüren ist. Gelegentlich scheint sie sich zu einer vielleicht zeittypischen „Es darf...“-Haltung zu verdichten, visuell besonders manifest in jenem Motiv mit einer knallgrünen Ente vor einem weißgrauen, einstöckig-flachen kastenförmig modernen Zweifamilienhaus. In dem alle Fenster mit ordentlich gerafften weißen Vorhängen korrekt zugezogen sind.
Streetphotography, fotografische Typografie, konzeptueller fotografischer Ansatz? Nun ja, warum nicht, für alle die unbedingt formal rubrizieren möchten. Doch sagt dies wenig über jene Kultur- und Sozialgeschichte des Ruhrgebietes aus, die sich hinter diesen Fotografien von Autos verbirgt, erschließen läßt. Motivlich sicher nicht zufällig ergänzt durch Fotografien farbiger Gartenzäune und Gartenlauben. Jeweils korrekt gepflegte, farblich akzentuierte Idyllen. Zu denen betonierte Gartenwege führen.
Ein Fotobuch über farbige Autos und Gartenlauben, das zur visuellen Soziographie einer Region wird. Die Ruhrgebiet-Fotografien der Bechers und ihrer Schüler – man würde sie gerne zusammen in einer Fotoausstellung sehen.
18.01.2020 |
Wolfgang Schmidt, Berlin-Friedenau |
BUNT. Farbige Abbildungen der 1970er Jahre. Lorch, Catrin. Fotos von Döhne, Volker. 96 S. 97 fb. Abb. 24 x 22 cm. Gb. Greven Verlag, Köln 2019. EUR 20,00. |
ISBN 978-3-7743-0921-0
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