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Olaf Unverzart - Don't Fade To Grey

Manchmal braucht es nicht viel, um eine anrührende Geschichte zu erzählen. Zwei Menschen, gesehen von hinten, spazieren eingehakt auf einem Bürgersteig. Wir sehen ihre Gesichter nicht, nicht mal ihre Köpfe. Nur diese beiden Körper, die scheinbar schon eine gute Strecke ihres Lebensweges miteinander gegangen sind.

Entschieden wendet sich der Fotograf Olaf Unverzart gegen den grellen, exotischen Blick auf das kulturell Fremde. Es ist nicht nötig zu wissen, wo Unverzart seine Motive findet. Sicher, man könnte ihn als Reisefotograf bezeichnen: Er arbeitete in vielen Ländern, findet dort seine Bilder. Doch viele seiner Schwarzweißfotografien könnten überall entstanden sein: ein Tierskelett im Gras, ein toter Vogel, eine Kinderhand. Bekannt geworden ist der 1972 geborene Fotograf, der an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig bei Joachim Brohm studiert hat, mit Bildern der Alpenräume, welche die Zerstörungen durch den Menschen festhalten.

Unverzart ist ein Fotograf, der Geschichten gerne nur andeutet. Das macht seine Bilder in den besten Momenten geheimnisvoll, aber manchmal ist es auch ein bisschen unbefriedigend, sie zu betrachten: Sie sind wie Metaphern für eine Geschichte, die nicht bis zum Ende erzählt wird.

Das Unspektakuläre, Lakonische, das Beiläufige zieht ihn an, das Melancholische auch: das, was am Rande der Wahrnehmung liegt. Schemenhafte Menschen eilen vorbei, wir sehen Wasserflecke auf einem Sofa. Der Ansatz Unverzarts ist seit seiner Serie „Deutsche Szenen“ bekannt, wo er oftmals nicht mehr zeigte als einen Altglascontainer oder das Schaufenster eines Sex-Shops: Er will die Welt in ihrer Dürftigkeit und Poesie ausleuchten.

Doch was in früheren Büchern Unverzarts funktionierte, will heute nicht mehr passen. Sein neuer Band wirkt seltsam beliebig. Mag es daran liegen, dass er für sein neues Buch ausschließlich in körnigem Schwarzweiß fotografiert hat? Die noch stärkere Reduktion der bildnerischen Mittel steht den Bildern nicht gut zu Gesicht. Wir betrachten eine Frau mit einer Schmetterlings-Tätowierung auf dem Rücken. Was sagt uns das Bild? Welche Sinne spricht es an?

Viele Bilder in diesem Buch bieten zu wenig sinnliches Vergnügen, zu wenig Originalität. Ein Rollladen, ein unscharfer Telefonhörer, viele diese Fotografien muten an wie experimentelle Fingerübungen auf der Suche nach einer persönlichen Handschrift. Und so ist „Don't Fade To Grey“ auch ein passender Titel für das Buch, denn genau hier lauert die Gefahr: Je stärker Unverzart sich als stilbildender Fotograf zurücknimmt, umso weniger fesseln seine Bilder den Blick. Dann laufen sie ins Graue aus, verschwinden.

08.07.2011
Marc Peschke
Haberl, Tobias. Olaf Unverzart. don t fade to grey. Hrsg.: Oechsner, Annette. 104 S., 28 x 22 cm, Gb. Verlag für moderne Kunst, Nürnberg 2011. EUR 36,00
ISBN 978-3-86984-190-8
 
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