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Als der Pott noch kochte |
Noch ein Ruhrgebietsbuch im Jahr der Kulturhauptstadt, aber ein ganz Besonderes: „Als der Pott noch kochte“ ist eine Hommage an die letzte Blüte der Industrieregion und versammelt poetische Schwarzweißfotografien von Horst Lang. Eine Entdeckung!
Bewertung 5 Sterne
Seit den fünfziger Jahren fotografierte Horst Lang im Ruhrgebiet – von 1965 bis 2001 als Tatort-Fotograf der Essener Polizei, aber auch als Autor eigenständiger, bewegender Bildserien über die Arbeits- und Lebenswelt der Region. Er fotografierte zu einer Zeit, „als der Pott noch kochte“. Der Titel dieses jetzt in einer Neuauflage erschienenen Buches deutet es an: Heute kocht nichts mehr. Zumindest nicht mehr so wie früher: Was wir in diesem Buch sehen, das ist ein Ruhrgebiet, das es nicht mehr gibt.
Wie war das damals im Revier? Der 1931 geborene Fotograf zeigt es uns: Es war schmutzig, aber lebendig. Die Schlote qualmten, Arbeitslosigkeit gab es nicht. Aber die Melancholie, die gab es, die ist auf jeder Seite dieses packenden Buches spürbar. Viele der Bilder könnten noch viel älter sein, erinnern an Fotografien, die etwa der Berliner Heinrich Hauser in seiner Ruhrgebietsreportage „Schwarzes Revier“ schon Ende der zwanziger Jahre veröffentlicht hat.
Wie Jahrzehnte zuvor Hauser entdeckt auch Lang das poetische Potential der Industrieregion: das Mit- und Gegeneinander von Technik und Umwelt, die Stahlskelette der Brücken, die Zechen und Hütten, die Zersiedelung des Landes, die Brachflächen mit Hochöfen, die Industriearbeiter auf dem Weg zum Werk. Diese Melancholie verbindet sich auf den Bildern mit dem Geist der Fortschrittsjahre – mit dem Wissen, Bewohner eines wirtschaftlich mächtigen Ballungsraums zu sein.
Vor allem in Essen, Duisburg, Oberhausen, Bottrop, Gelsenkirchen und Bochum hat Lang fotografiert, an den Rändern dieser Städte, wo sich Natur und Montanindustrie auf unmittelbare Weise trifft. All die Straßen, diese Hinterhöfe und Gleise. Leise Poesie steckt in den Bildern, in machen sogar: das Wissen, dass diese unverwechselbare Welt langsam zu Ende geht.
Das Ruhrgebiet war stets ein Sujet für Fotografen. Einige der Größten – August Sander, Albert Renger-Patsch oder Bernd und Hilla Becher – haben hier fotografiert. Es ist eine Qualität in Langs Bildern, die ihn in diese renommierte Reihe stellt. Endlich ist das lange vergriffene Buch in einer Neuauflage wieder erhältlich. Wieder entdeckt wurde Horst Lang schon vor einigen Jahren. 1998 wurde er in einer größeren Schau im Josef Albers Museum gezeigt – glücklicherweise noch vor seinem Tod im Jahr 2001.
16.4.2010
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Marc Peschke |
Lang, Horst: Als der Pott noch kochte.... Beitr. v. Rossmann, Andreas. 2. Aufl. 160 S., 91 Duoton-Fotos 28 x 24 cm.Schirmer Mosel, München 2009. Gb EUR 24,80 |
ISBN 978-3-8296-0082-8
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