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Venezianische Malerei |
Auch rund 500 Jahre nach ihrer Entstehung ist die italienische Renaissancemalerei immer wieder eine gründliche Betrachtung wert. Ein bemerkenswertes Kulturphänomen, das in der Vielschichtigkeit seiner Ausprägungen und Spielarten endgültig wohl kaum in einem einzigen Menschenleben auszuschöpfen ist und dessen Wirklichkeit in der Gegenwart – von den zahlreichen Kunstinteressierten einmal abgesehen – aufgrund des inflationären Konsums virtueller Bilder immer schwerer zugänglich wird.
Wer je das Glück hatte, einmal im Palazzo Ducale von Mantua das Studiolo der Isabella d'Este zu betreten und später im Pariser Louvre vor Andrea Mantegnas für das alte Studiolo di Castello in Mantua zwischen 1496 und 1506 geschaffenen Bildern „Parnaß“ und „Minerva verscheucht die Laster“ zu stehen, die einst im Studiolo der äußerst gebildeten Italienerin hingen, der hat erlebt, welche kraftvolle Wirkung von der Malerei der Renaissance ausgeht und wie schwer diese Bildwirklichkeit gleichzeitig heute zu entschlüsseln ist.
Folglich wird jeder, sei es nun, dass ihm oder ihr die Renaissance ein Anliegen ist, oder sei es, dass sie oder er lediglich etwas von der Kunst dieser so beeindruckenden Zeit wissen möchte, die Arbeit des an der Universität Karlsruhe lehrenden Norbert Schneider über die venezianische Malerei der Frührenaissance begeistert zur Hand nehmen. Denn der Leser trifft hier nicht nur auf eine überzeugende Interpretation der erwähnten zwei Bilder Andrea Mantegnas für das Studiolo der Isabella d'Este (S. 57-61), sondern er hält gleichzeitig auch eine profunde Einführung in das spannende Thema in den Händen – sofern er die übrigen etwa hundert Bildinterpretationen des Autor ebenfalls liest.
Und das wiederum fällt nicht schwer, da Norbert Schneider zum einen sehr präzise Bildbeschreibungen liefert und dabei ausgesprochen anschaulich schreibt, und zum anderen das ausgewählte Bildmaterial sinnvoll nach Themen geordnet präsentiert. Dieses klare und weitsichtige Konzept überzeugt vollständig.
So wird beispielsweise schon beim Blättern im Abschnitt „Der Heilige als Gelehrte“ – einem von insgesamt 20 thematischen Kapiteln – im Nebeneinander der abgebildeten Werke die Bedeutung eines ganz spezifischen Bildmotivs erlebbar, das sich bei der Lektüre der einzelnen Bildanalysen dann in seinem konplexen Bedeutungspektrum weiter entfaltet (S. 71-79).
Es bleibt somit der spontanen oder gezielten Initiative des Lesenden überlassen, von wo er oder sie den Einstieg in das Thema wählt, wobei es freilich nicht falsch ist, die kurze Einleitung des Autors in sein Werk vorab zu lesen (S. 7-11). Enthält diese doch einige wesentliche Überlegungen. Grundsätzlich stehen jedoch die Bilder als solche im stets Vordergrund. Diese selbst zu entschlüsseln, was vermutlich implizites Anliegen von Norbert Schneider ist, dazu animieren die Ausführungen des Autors die Leserinnen und Leser – am beeindruckendsten vielleicht Giovanni Bellinis, von der Forschung bisher nicht vollständig gedeutete Allegorien in der Accademia in Venedig (S. 133-141).
Das wunderbare Buch ist vielfach nutzbar und nicht zuletzt auch fĂĽr die Arbeit im Kunstunterricht mit SchĂĽlerinnen und SchĂĽlern bestens geeignet. |
Matthias Mochner |
Schneider, Norbert: Venezianische Malerei der FrĂĽhrenaissance. Von Jacobello del Fiore bis Carpaccio. 208 S., 60 fb.- u. 60 sw. Abb. 27 cm. Gb Primus Verlag, Darmstadt 2002. EUR 49,90 |
ISBN 3-89678-429-3
[Primus]
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