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Oberes Mittelrheintal. Von Bingen und Rüdesheim bis Koblenz.

Die Autoren Angela Pfotenhauer und Elmar Lixenfeld setzten sich zum Ziel, nach dem Wesen des Oberen Mittelrheintals zu suchen. So stellen sie in ihrem 2006 erschienen Buch Oberes Mittelrheintal eine Auswahl der Burgen und Ortschaften entlang des Mittelrheins vor. Dem Verlauf des Stroms folgend, beginnen sie im Süden und untergliedern außerdem in links- und rechtsrheinisch. Eine Karte, in der alle erwähnten Burgen und Ortschaften verzeichnet sind, sorgt für die genaue topografische Einordnung.
Wie allgemein bekannt, zog das Mittelrheintal von jeher Dichter und Maler in seinen Bann und verleitete durch seine wilde Romantik immer wieder zu Legendenbildungen. Dass die Zeit der Mythenbildung bis heute anhält, zeigen die beiden Autoren mehrfach auf. Ein prägnantes Beispiel stellt das Günderrode-Haus dar, das dem 2003 gedrehten Film Heimat 3 als Kulisse diente. Angeblich einst von der Geliebten Brentanos, der Dichterin Karoline von Günderrode bewohnt, stammt das kleine Fachwerkhäuschen aus dem im Hunsrück gelegenen Örtchen Seibersbach und wurde eigens für den Film am Siebenjungfrauenblick, einem der schönsten Aussichtspunkte entlang des Rheins, aufgebaut. Eigentlich sollte es nach Drehschluss abgerissen werden, doch es kam anders: „Der Mythos Rhein lebt durch Menschen mit Träumen, die seinen alten Zauber für sich immer neu entdecken. Die Sehnsucht treibt sie an, Geschichten zu ersinnen, und Geschichten brauchen einen Ort. Wo vorher nichts war außer einem Blick, entsteht durch Phantasie ein Mythos. Ohne Geschichten ist kein Ort am Rhein denkbar, keine Burg, kein Denkmal, kein Museum, keine Winzergaststätte, kein Wanderweg.“ Das Günderrode-Haus verblieb daher auch nach den Dreharbeiten an seinem neuen Standort und das Rheintal ist um eine Attraktion und eine Geschichte reicher geworden.
Nach einem Abriss der Geschichte des Mittelrheintals bis zum heutigen Tag folgt ein Kapitel über den Weinanbau, der nur mit Hilfe von Terrassen an den Steilhängen der Berge möglich ist. Seit zwei Jahrtausenden wird am Rhein Wein gekeltert, auch wenn der Anbau keineswegs kontinuierlich und stets von der Konjunktur abhängig war. Auf enge Weise ist er mit dem Bau der mittelalterlichen Burgen verknüpft, denn als im 12. und 13. Jahrhundert die ersten Bugen errichtet wurden, entstand auch der flächendeckende Weinbau im Mittelrheintal. Durch die erforderlichen Weinterrassen und die vielen Burgen schufen die Menschen so eine einzigartige Kulturlandschaft. „Ohne den Terrassenbau wäre das Obere Mittelrheintal wohl nie als Welterbe anerkannt worden.“
Seit dem 27. Juni 2002 gehört das Obere Mittelrheintal zum UNESCO-Welterbe. Allerdings scheint diese Ehrung schon wieder bedroht zu sein, denn auf Grund der Diskussion über den Bau einer Brücke zwischen St. Goar und St. Goarshausen drohte die UNESCO bereits mit der Wiederaberkennung des Titels. Daher bleibt nur die Hoffnung auf einen Ausbau der jahrhundertealten Fährbetriebe, der den Brückenbau - und somit den gravierenden Eingriff in das Landschaftsbild des Tals - abwenden könnte.
Die zahlreichen Burgen entlang des Rheins prägen sein Bild, wie wir es heute kennen. Viele von ihnen wurden jedoch erst im 19. Jh. auf den Ruinen der alten mittelalterlichen Burganlagen errichtet und unterstützten die Reichserneuerung nach dem Wiener Kongress durch die Erinnerung an die mittelalterlichen Herrscher. Eine kurze Darstellung der Geschichte der einzelnen Burgen entlang des Rheins gewährt Einblick in ihre Baugeschichte und ihren heutigen Verwendungszweck.
Diesem Teil folgen Informationen zu ausgewählten Ortschaften und ihren Sehenswürdigkeiten. Im Zentrum der Darstellung steht die Mythen- und Legendenbildung, die bis heute so wichtig für die besondere Atmosphäre im Oberen Mittelrheintal geblieben ist. Zahlreiche farbige, ansprechend arrangierte Abbildungen führen bildhaft vor Augen, warum das enge Tal eine solch große Anziehungskraft besitzt und die Menschen so fasziniert. Die Entscheidung, diesen Rheinabschnitt zum UNESCO-Welterbe zu erklären wird nach der Lektüre dieses Buches wohl jeder verstehen und sich vielleicht sogar dazu verleitet fühlen, diese einzigartige Kulturlandschaft selbst zu besuchen.

Christina Kumpmann
Pfotenhauer, Angela: Oberes Mittelrheintal - Monumente Edition. Welterbe. Fotos v. Lixenfeld, Elmar. 144 S., 250 fb. Abb. 30 x 21 cm. Gb Monumente Verlag, Bonn 2006. EUR 19,80
ISBN 3-936942-77-3   [Monumente Verlag]
 
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