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Indianer

Die heutigen Kulturvölker Amazoniens sind zentrales Thema dieses Sammelbandes, der in Verbindung mit der gleichnamigen Ausstellung im Linden-Museum Stuttgart erscheint, die noch bis zum 26. April 2003 zu sehen ist. Aber auch der Katalogband bietet einen spannenden und umfassenden Einblick in das Kulturareal Amazoniens.
Der Begriff "Amazonien" bezeichnet ein Gebiet, das, fast groß wie die USA, weit über das eigentliche Flußgebiet des Amazonas hinausgeht. Es umfaßt ein Kulturareal, das über den gesamten tropischen Regenwald im Gebiet des Amazonas und seiner Nebenflüsse bis hin zu den Anden reicht.
Die wechselhafte Geschichte der indianischen Völker Amazoniens wurde seit dem 16. Jahrhundert von fremden Einflüssen und Unterdrückung geprägt. Doch heute fordern die Ureinwohner Amazoniens zunehmend ihre Rechte ein und möchten weder als Versuchskaninchen herhalten, noch als romantisch verklärte "Edle Wilde" angesehen werden, sondern als Menschen, deren Lebensräume, Rituale und Rechte respektiert werden.
Die drei hier vorgestellten, heute in Brasilien und Kolumbien lebenden Gruppen zeigen das breite Spektrum indianischen Lebens in Amazonien: Die Kubeo, Kaiapó und Karajá haben auf der Grundlage ihres Lebensraumes unterschiedliche kulturelle Lebensformen entwickelt. Im Mittelpunkt der Ausführungen über diese Gruppen stehen ihre Rituale.
Die Kubeo, deren Territorium im Nordwesten Amazoniens, im Gebiet der heutigen Republik Kolumbien liegt, sind in den letzten Jahren mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen konfrontiert worden. Dadurch wird ihre bisherige Situation, die durch das Eindringen gewalttätiger Gruppen, wie Cocapflanzer und Kokainhersteller, auf Indianerterritorium gekennzeichnet war, zusätzlich erschwert.
Die Kaiapó hingegen siedeln wie die Karajá am Südostrand Amazoniens in Brasilien. Ihre Geschichte ist von Vertreibung und immer wiederkehrenden gewaltsamen Einwirkungen gekennzeichnet. Dies führte zu einem besonders ausgeprägten Festhalten und Pflegen der geistigen wie auch materiellen Kultur. Während einer durch Jahrtausende vollzogenen Anpassung an extreme ökologische Verhältnisse entstanden differenzierte Waldbauernkulturen mit bemerkenswerten Unterschieden. Ihr Gemeinschaftsleben ist durch die Religion strukturiert, die einen durch Rituale bestimmten Lebensrhythmus vorgibt. Einzelne Stationen dieses Rhythmus, zumeist Lebensübergänge (wie Kindheit, Heirat, Tod) oder Abschnitte von Vegetationszyklen (Namensgebungszeremonien, Geistertanz, Totenfeste) sind mit monatelangen Festen verbunden, für die prächtiger Federschmuck, Musikinstrumente, Tanzkostüme sowie Körperbemalungen entwickelt wurden. Bei den einzelnen Gruppen allerdings weichen Rang und Bedeutsamkeit der Rituale sowie auch die Form und das Material der verwendeten Kultgegenstände wesentlich voneinander ab. So kontrastieren Tanzkostüme aus Rindenbast, kunstvoll geflochtene Körbe und andere, für Nordwestamazonien (Kubeo) typische Objektgruppen mit dem prachtvollen Federschmuck der Kaiapó und Karajá, den Prunklanzen, Schilden und Keulen einer stark kriegerischen Kultur.
Das Buch gliedert sich in drei große Kapitel und beschreibt Amazonien zunächst als Lebensraum zwischen "Grüner Hölle" und "Grünem Gold", die Archäologie des Amazonasbeckens sowie die europäische Erforschung. Es folgen verschiedene Aufsätze über die indianischen Kulturen Amazoniens, ihre Riten und Mythen. Aber auch das indianische Leben heute findet Berücksichtigung, die Optionen für das Überleben der Indianer, die indianischen Gemeinden Kolumbiens und die Auswirkungen des Krieges und begonnener Regionalplanungen und Entwicklungsprogramme im brasilianischen Amazonasgebiet.
Die Herausgeberin, Dr. Doris Kurella studierte in Tübingen und Berlin neben anderen Fächern Ethnologie und erhielt 1986 ihre Promotion am Lateinamerika-Institut Berlin im Fach Alt-Amerikanistik. Seit fünf Jahren ist die Autorin Konservatorin am Linden-Museum in Stuttgart und leitet das Lateinamerika-Referat und richtete 1998 im Rahmen ihres Referates für Museumspädagogik die Dauerausstellung "Peru-Bolivien" ein. Die weiteren Autoren sind weitere Spezialisten aus den Gebieten der Ethnologie, Biologie, Archäologie, Geographie und Soziologie.
vdr
Doris Kurella, Dietmar Neitzke (Hrsg.): Amazonas-Indianer. LebensRäume – LebensRituale - LebensRechte. 332 S., 260 Abb., dav. 144 fb., 30 cm, Gb. 2002. Eur 54,-
ISBN 3-496-02731-2
 
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