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Das universitäre Schaufenster

Das anzuzeigende Buch ist dem Motto verpflichtet: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Darauf verweist bereits der Untertitel der von Dieter Speck verfassten Publikation ‚Uniseum Freiburg. Ein Bildbegleitbuch’. So verzichtet der Band auf tiefer gehende Essays oder einen ausführlichen Abriss der Universitätsgeschichte. Stattdessen rückt er die wichtigsten Exponate des Uniseums in den Fokus und flankiert diese mit kurzen Begleittexten. Diese Form des Infotainment bietet einen breit gefächerten Überblick, verpasst damit aber in gewisser Weise die Chance, die Leitideen des Uniseum zu transportieren. Eingestreute, vertiefende Texte wären der Sache dienlich gewesen.
Das Freiburger Uniseum, der Begriff ist markenrechtlich geschützt, versteht sich als Institution, in der sich fachbezogene Lehr- und Schausammlungen, eine darüber hinaus greifende Kunstkollektion sowie die Geschichte der Universität vereinen und zusammengenommen ein Forum für die akademische Lehre und – darauf fußend – für die breite Öffentlichkeit bilden. Das Uniseum versteht sich somit als Schnittstelle der nach Innen und Außen zu kommunizierenden Wissenschaften. Dieter Speck nennt es in seinem Vorwort das „universitäre Schaufenster“.
Die Struktur des Buches zeichnet einen chronologischen Parcours nach, der mit der Gründung der Freiburger Universität seinen Anfang im Jahr 1457 nimmt und die einzelnen Fakultäten, den wirtschaftlichen Hintergrund und die Stifter verhandelt. An das 16. und 17. Jahrhundert wurden die Stichworte Humanismus und Jesuiten gekoppelt, um zum einen das scholastische Lehrangebot und zum anderen die Erziehung der ‚Eliten’ im Sinne einer katholisch geprägten Bildung zu verdeutlichen.
Dass sich die Bildungselite anfänglich der umfassenden Studienreformen des 18. Jahrhunderts verweigerte, den Forderungen nach staatlicher Kontrolle, straffere Organisation, eine Dienstaufsicht für Professoren und Deutsch als Unterrichtssprache – um nur einige Punkte zu nennen – dann jedoch den Modernisierungsbestrebungen nachgeben mussten, vermittelt das Kapitel zur ‚Absolutismus, Aufklärung und Zeit der Reformen’. Die mit dem 19. Jahrhundert einhergehenden Expansionsbestrebungen zeichnen sich überdeutlich im zunehmenden Fächerkanon, Immatrikulationen und der ständigen baulichen Erweiterung der Universität ab. Davon künden zahlreiche Fotografien, Postkarten, Lagepläne und repräsentativen Festlichkeiten. Das Kapitel über das 20. Jahrhundert hat man geschickt mit den beiden Themenschwerpunkten Nationalsozialismus und Studentenproteste verknüpft. Kurt Ranger notiert dazu „Vom wissenschaftlichen Beirat wurde – wie ich finde – zu Recht, mein Konzept kritisiert, die Zeit des Nationalsozialismus als geschlossene räumliche Einheit zu präsentieren, In der aktuellen offenen Raumsituation werden nun stärker geistige Linien deutlich“ (S. 179).
Nachfolgenden werden dem chronologischen Abriss Themenschwerpunkten zur Seite gestellt und Gebiete der Geisteswissenschaften, der Medizin, Studentische Hochschul- und Freizeitaktivitäten, Baugeschichte und Nutzung der Alten Universität aufbereitet. Ganzseitige Fotografien der Installationen dienen der thematischen Anschaulichkeit, wie es Ranger im seinem Interview, welches das Buch beschließt, erläutert. „Die Kurzformel für meine Ausstellungspraxis lautet: So anschaulich wie möglich, so unterhaltsam wie nötig, und nie ohne eine Prise Humor. Das Ganze in einer möglichst sinnlichen Inszenierung, was den Einsatz großformatiger Foto- und Bildelemente, aufwändiger Rekonstruktionen, interaktiver Stationen und audiovisueller Medien einschließt“.
Die Ausstellung umfasst 400 Exponate, darunter Siegel, Wappen, Kelche, Karten, Figuren, Möbel, Gemälde und Fotografien, die chronologisch und thematisch zugleich vom Ausstellungsdesigner und wissenschaftlichen Beirat ausgewählt und geordnet wurden. An der Vielfalt der vorgestellten Werke lässt sich ablesen, dass nicht einzelne Lehrsammlungen, sondern das Kulturgut der Freiburger Universität in einem repräsentativen Querschnitt präsentiert wird. Die Grundlage hierfür bildet die institutionelle und personelle Vernetzung von Universitätsarchiv und Uniseum, wie es der Autor des Bildbegleitbuches in seiner Funktion als Leiter des Archives und Mitglied des Uniseums Direktorium vorgibt. So gehören die Bestände des Archivs gleichzeitig zum Uniseum.
Auch wenn vertiefende Passagen wünschenswert gewesen wären, trägt der knapp 200 Seiten umfassende „magazinhafte Bildband“ sicherlich in nicht unerheblichen Maße zur Inszenierung und der Stärkung der ‚corporate identity’ der Universität Freiburg bei.
28.3.2008
Martina Dlugaiczyk
Speck, Dieter: Uniseum Freiburg. Staunen. Forschen. Lehren.Ein Bildbegleitbuch. Hrsg.v.Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. 184 S., 225 schw.-w. u. 155farb. Abb. 22 x 30 cm. Promo, Freiburg 2007. Gb EUR 25,00
ISBN 3-923288-52-2
 
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