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Der Ideenverwirklicher: Günther Ueckers „Bibliophile Bücher und Werke“

Er ist ein Schwergewicht der deutschen Kunst – und so verhält es sich auch mit diesem Buch: Mit dem „Verzeichnis der bibliophilen Bücher und Werke“ aus den Jahren 1960 bis 2005 hat der Mainzer „Chorus-Verlag für Kunst und Wissenschaft“ eine verlegerische Großtat begangen. Ein Werk in die Welt gesetzt, das den Anspruch erhebt, Bestand zu haben.

Über den Künstler weiß man viel: 1930 in Wendorf in Mecklenburg geboren, Studium der Malerei in Wismar, dann an der Kunstschule Berlin-Weißensee, später bei Otto Pankok an der Düsseldorfer Kunstakademie. Erste Nagelbilder entstehen 1957, die Uecker bald international bekannt machen. Er wird Mitglied der Künstlergruppe ZERO, es entsteht kinetische Lichtkunst, Nägel werden zum hauptsächlichen Gestaltungsmittel. Dreimalige Teilnahme an der Documenta. Teilnahme an der Biennale in Venedig. Lehrtätigkeit an der Kunstakademie in Düsseldorf. Große Ausstellungen rund um den Globus.

Doch mit Biografischem hält sich dieser Band nicht auf, denn hier geht es um einen speziellen Aspekt jenes großen Oeuvres - nämlich den der bibliophilen Bücher und Werke. Beinahe 300 Arbeiten sind in diesem Prachtband zu bestaunen, 600 Bilder, die belegen, wie wichtig der Themenkreis für den Künstler ist. Zu sehen sind Mappenwerke, Künstlerbücher, Buchobjekte oder auch Schriftbilder. Da gibt es „Uecker-Zeitungen“ oder Künstler-Flugblätter, aber auch vieles, was das Thema „Buch“ nur am Rande streift, wie die Herausgeber Dorothea und Martin van der Koelen erklären: „Die Auswahl der in diesem Buch erfassten Werke erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, kann es auch gar nicht, da die Grenzen bei einem so offen formulierten Bezugsbereich ohnehin fließend sind.“

Doch gerade diese Offenheit zum Gesamtwerk, die Verflüssigung der Themen-Grenzen macht das Blättern im „Opus Liber“ zu einem besonderen Genuss. Bewunderndes Schauen ist das Eine. Vor allem aber ist mit diesem Buch ein Werk für die Kunstwissenschaft geschaffen worden: Es umfasst die Werkdaten jeder Arbeit genauso wie die Auflagenhöhe. Kurztexte führen in das Wesen der Arbeiten ein, ein handschriftlich wiedergegebener Text des Künstlers steht am Anfang.

„Ich erreiche die Welt nicht, indem ich sie abbilde, sondern stelle Bilder in die Welt und konfrontiere und bereichere sie damit“, sagt Uecker, der einmal als „Ideenverwirklicher“ bezeichnet worden ist. Seine Ideen-Kunst, seine Objekte, Malereien, seine bemalten Tücher, seine Bühnenbilder, Lichträume oder Aktionen wie jene legendäre Erstürmung der Kunsthalle Baden-Baden im Jahr 1968, seine Kunstwerke aus Holzlatten, Steinen, Asche, Sand, Leinentüchern oder Nägeln, sie alle beschäftigen sich mit den Triebkräften des Mensch-Seins. Mit Verletzung und Zerstörung.

„Ich mache Aggressionen sichtbar und wandle sie poetisch um“, sagt Uecker – und das zeigen viele der hier teilweise erstmals vorgestellten Arbeiten auf neuartige Weise. Wie Uecker Wort und Bild zusammenfügt, beispielsweise bei jenem „Lesebesen“ aus dem Jahr 1980 – da hängen Blätter mit den geschriebenen Worten „Liebt mich“ oder „Liebt mich nicht“ an einem Besenstiel – das hat sehr häufig etwas vollkommen Ungesehenes.
14.11.2007
Marc Peschke
Günther Uecker. Opus liber. Verzeichnis der bibliophilen Bücher und Werke 1960-2005. Dtsch/Engl. 550 S. 612 fb. Abb., 31,5 x 23,5 cm, Ln. mit Schutzumschlag, Chorus, Mainz 2007. EUR 98,00
ISBN 978-3-931876-66-1   [Chorus]
 
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