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Picasso – Gedichte

Was bei Pablo Picasso im Original nur Tagebuchaufzeichnungen waren; hat nun die Deutsche Verlags-Anstalt München aus einem Korpus von Afrika 350 Gedichte heraus aus dem Französischen und Spanischen ins Deutsche bringen lassen. Die Übersetzungen und linearen Transkriptionen von Holger Fock können sich sehen lassen. Nach der Trennung von seiner Frau Olga und der Aufgabe seiner bürgerlichen Existenz begann Picasso, zeitgleich zu dem grossen Antikriegsgemälde “Guernica“, Gedichte zu verfassen. Er nahm keine Rücksicht auf grammatikalische Strukturen, zertrümmerte die Syntax. Aber zerschlug er auch Werte des Humanen? Eher nein, doch manches unter den Variationen eines einzigen Poems ist Grenzfall. War Picasso in seiner Poesie ein surrealistischer Revolutionär? War Picasso, der in sprachlichen Zeichen seine Malerei linear transkribierte, eher ein grosser Maler, über dessen Bedeutung man heute kein Wort mehr verlieren muss, als ein Poet von hohen Graden? Dies ist nicht ganz zweifelsfrei zu entscheiden. Wie er linear transkribiert, Zeichen neben Zeichen, Gegenstand wie in der Malerei neben Gegenstand gesetzt - dazwischen manchmal eine unerwartete Pointe am Schluss, eine nachdenkliche und bedenkenswerte Formu-lierung, die dem Poem eine überraschende Wendung gibt: Assemblagen, d.i. Aneinanderreihungen, unverbunden, brüsk nicht ganz ohne Déjà-vu, keine strenge, klar gegliederte Ordnung, nicht Klarheit um der Klarheit willen. Exkremente, neben dem offenen Horizont, Azurblau neben Altrosé. Diese wenigen 100 Gedichte allerdings sind vor dem Hintergrund des gesamten Korpus zu betrachten, freilich eine hoch interessante kunsthistorische Quelle für die Malerei Picasso: Kein Einzelfall in der Malerei. Nahezu zeitgleich erschien Paul Klees “Die Ordnung der Dinge“ und fast jeder Maler hinterliess zumindest Werkstattgespräche und Notizen. Picasso war in seiner Poesie ein Experimentator par excellence, wie er auch Form und Farbe in der Malerei revolutionierte.
18.6.2007



Susanne Till
Picasso, Pablo: Gedichte. Vorw. v. Androula, Michael. Aus d. Franz. v. Fock, Holger. 192 S., 8 sw. Abb., Faksimiles 20 x 12 cm. Gb. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2007. EUR 14,95
ISBN 978-3-421-04262-1
 
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