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Kunstförderung in Deutschland

Auf der Expo 2002 in Biel in der Schweiz widmete sich Ben Vautier in einem Werk dem viel diskutierten Thema Kunst und Geld und brachte Tafeln an wie "this is money", "I hate the money, I love" und "J'ai envie d'argent".

Um Geld und Kunst dreht sich ein neues Handbuch für Bildende Künstler, Kunstförderer und Kunstvermittler, das die Gesellschaft für Kunstförderung und Sponsoring (GKS) herausgab. Nun ja, man kann in dem Buch, das als Ringbuchordner konzipiert wurde, eine Bilanz der Tätigkeit der GKS sehen. Das Gute daran, es ist übersichtlich konzipiert und ihm liegt eine CD bei. Rekapituliert wird zunächst staatliche Kunstförderung und deren Instrumente, aufgeschlüsselt nach den politischen Ebenen, Bund und Land von Bayern bis Thüringen, obwohl ein Großteil der Förderung auf kommunaler Ebfene geleistet wird. Dass hier nicht alle städtischen und regionalen Fördermöglichkeiten erörtert werden können, das kann man nicht als Manko sehen und hätte das Handbuch auch überfrachtet. Auch mit in diesem Konvolut einige ausgewählte Beispiele von Kunstförderung, soweit sie von Wirtschaftsunternehmen und Privatpersonen kommen.
Einige Tipps gibt dann der zweite Teil und beginnt mit Hinweisen zur steuerrechtlichen Behandlung, gefolgt von einer Checkliste Kunstsponsoring, samt einer Liste für die PR-Arbeit.
Teil 3 stellt Preise, Stipendien und Projektförderungen vor, immer auch mit konkreten Angaben zu Ausschreibebedingungen.
Teil vier möchte Basiswissen des Kunstmarkts vermitteln. So weit so gut, so weit so unzureichend. Die Autoren von der GKS mögen ja gute Kunstförderer und Sponsoringvermittler sein, aber in diesem Buch mangelt es an einer kulturwissenschaftlichen und politologischen Fundierung. Es ist eben nicht damit getan, Zahlen vom Statistischen Bundesamt oder den entsprechenden Landesämtern zu veröffentlichen, sondern solche Zahlen wollen interpretiert sein. Mag die Tendenz der Zahlen auch richtig sein, dass in Deutschland im Vergleich mit den USA sich die private Kunstförderung bescheiden ausnimmt, es wäre aber gerade deshalb wichtig, Zahlen der Ämter zu hinterfragen, ja, überhaupt den Gegenstandsbereich auszuweisen. So findet Kunstförderung auch da, entweder ehrenamtlich oder gegen geringes Entgelt, statt, wo es die Autoren kaum vermuten, z.B. in Internetportalen zur Kunst und Kunstbesprechung, im Feuilleton von Online- und Printmedien durch Buchbesprechungen und in der Buchproduktion, auch von Galerien.

Mit andern Worten, Kunstföderung findet statt, ohne dass dies auch nur annähernd zu quantifizieren wäre und deshalb eine Anmerkung angebracht wäre. Die GKS-Autoren konzentieren sich auf die Großen, die Allianz, Siemens und tutti quanti. Es soll hier auch nicht um den Begriff Kunst gestritten werden, aber ein Satz wie „Kunst ist wertvoll“ grenzt schon an Naivität, zumal überhaupt nicht klar ist, was unter Förderung verstanden wird.
Diese unreflektierte Art setzt sich fort. Es wäre angebracht, von einer nominalen Steuerbelastung zu sprechen, es wäre angebracht zu sagen, was "Gebrauchskunst" im Unterschied zu welcher Kunst eigentlich ist. Das will jemand wissen, der sich ein Handbuch zulegt, um genau das als Entscheidungshilfe erläutert zu bekommen. Das hat, wie die Autoren hervorheben, Auswirkungen auf die Abschreibungsmöglichkeiten. Hier müsste genau erklärt werden, wie es um die von den Autoren angeführte Abnutzung und Wertsteigerung, immer im Blick die Steuer, bestellt ist. Der Kunstmarkt, das weiß jeder Professionelle, ist in hohem Maße schwankend und viele Künstler, bei denen zunächst keine Wertsteigerung zu sehen ist – dementsprechend kann die Anschaffung steuerlich abgeschrieben werden – erreichen diese plötzlich. Entscheidet im Fall des Falles und im ungünstigsten Fall dann ein Steuerbeamter, welches Kunstwerk in welche Kategorie abschreibungsmäßig fällt?

Die Kunstgeschichte zeigt überdies genügend Beispiele verarmter Künstler, die heute Ikonen der Kunst sind. Auch die Kunstsoziologie hat diesen Verzögerungseffekt immer wieder behandelt. Auf der anderen Seite gibt es Shootingstars, die im Verlaufe ihrer Karriere dann abstürzen. Basiswissen Kunstmarkt! Sodann, ein Ärgernis sind auch jene Passagen zur Kulturpolitik. Man glaubt es kaum, abgesehen vom Bund, von Kulturkonzeptionen der Länder haben die Autoren anscheinend nie etwas gehört. Natürlich sind sie verfassungsrechtlich auf den Pluralismus verpflichtet, auch so ein Gummiwort und genau das interpretieren dann die Kulturkonzeptionen der Länder, nicht jedoch die Autoren der GKS.
Ob parteipolitische Präferenzen einen Unterschied in der Kulturpolitik ausmachen, das untersucht die Kulturpolitologie. SPD-Länder haben sich stark an der Konzeption von Hillmar Hoffmanns „Kultur für alle“ orientiert. Bündnis90/Grüne präferieren meist Alternativ- und Kiezkultur, bei CDU-Ländern ist das, soweit die Ausgaben für Kunst nicht über die Umwegrentabilität Tourismus begründet werden, erheblich weniger der Fall, bevorzugt wird Repräsentatives, Arriviertes und am Mainstream orientierte Kunst.

So viel so gut, ein Handbuch mit Lücken, das dem Positivismus verpflichtet ist und dabei das Positive teilweise übersieht: die vielen ehrenamtlichen Helferlein, die von keiner Steuer, von keiner Statistik erfasst werden, aber trotzdem da sind. Nicht wenige von ihnen sponsern die bildende Kunst schon länger als es das Wort Sponsoring in Deutschland gibt und auch länger, als Allianz und Siemens zusammen.
Der Glanz fällt auf sie nicht, auf dieses Buch allerdings auch nicht, auch wenn es von der GKS gesponsert sein sollte. 4.11.2005
Sigrid Gaisreiter
Kunstförderung in Deutschland. Das Praxis-Handbuch für Bildende Künstler, Kunstförderer und Kunstvermittler. Hrsg. v. Wendorf, Alexandra /Maas, Ingo /Kehsler, Astrid. 350 S., 1 CD-ROM - 26 x 27 cm. (Medien u. Service f. d.Kunstmarkt ) GKS Gesellschaft für Kunstförderung und Sponsoring, Bad Honnef 2005. Bis 7. August 2005. EUR 58,-; danach EUR 72,-
ISBN 3-9808298-1-2
 
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