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James Joyce als Inspirationsquelle für Joseph Beuys

Je mehr das Wort zurückblickt desto geheimnisvoller erblickt es uns: BEUYS. Doch Beuys wäre nicht Beuys wenn sich der Künstler nicht schon sehr früh mit einem Geisteshelden beschäftigt hätte, der ähnlich wie Rudolf Steiner, zu einer Art geistigen Tranformationsmaschine wurde: JOYCE.
Unter dem zunächst nicht sehr inspirierenden Titel " James Joyce als Inspirationsquelle für Joseph Beuys" unternahm Christa-Maria Lerm Hayes - eine 2001 veröffentlichte Kölner Dissertation - eine grundlegende Darstellung der komplexen Einflüsse, denen das Werk von Beuys durch die Lektüre besonders von James Joyce "Finnegans Wake" unterlag. Der enge Bezug von Beuys zu Joyce ist in der Beuys-Literatur schon lange kein Geheimnis mehr. Zu einer Leistung dieser Arbeit gehört es, dass die Autorin sich der Mühe unterzieht, die Formen und Funktionen der Joyce-Inspirationen durch Beuys im Detail zu studieren. Dass sich zentrale Theoreme der Moderne wie etwa das ready-made aber auch später von Beuys entwickelte Kunst-Substanzen wie Fett, Wärme, Hirsch usw. in manchen Textpassagen von Joyce wieder finden, bewertet die Autorin sehr vorsichtig als "korrespondierende Interessenlagen" (S. 65). Offensichtlich sah Beuys in Joyce nicht nur in biographischer Hinsicht eine ihm wesensverwandte Person. Die Anverwandlung und Übernahme von Denktraditionen, Metaphern und Ideenkomplexen aus dem Werk des irischen Schriftstellers ist im Werk von Beuys in einer Vielzahl von Einzelwerken zu beobachten - der von Beuys so betitelte "Secret Block", eine von ihm posthum veröffentlichte Sammlung früher Handzeichnungen, die wie die Autorin nachweist, in engem Zusammenhang mit Beuys´ fortgesetzter Joyce-Lektüre stehe. Auch wenn diese Arbeit an einigen Stellen der verbreiteten Gewohnheit von Beuysinterpreten unterliegt, den Mythos des Künstlers als eine Art selbstreferentiellen loop zu verkürzen, gelingt es dieser Arbeit die Horizonte und Quellen der Inspiration sinnlich spürbar werden zu lassen. Fast wie ein Kriminalroman liest sich schließlich ein Exkurs, in dem Joyce Fluviana, eine Folge von fotografierten Fund-Skulpturen des Schriftstellers rekonstruiert werden. Wie bei Stephen Daedalus Worte zu Plastik, bei Joyce Fundstücke zu Skulpturen werden, so entstehen im lebenslangen Werk von Beuys ästhetische Amalgamierungen, in denen Kunst, Mythologie, Geschichte und Selbstwahrnehmung sich wechselseitig anregen.
10.9.2004
Michael Kröger
Lerm Hayes, Christa M: James Joyce als Inspirationsquelle für Joseph Beuys. XII, 414 S., 65 Abb. (Stud. z. Kunstgesch. 142) Br. Olms, Hildesheim 2001. EUR 49,80
ISBN 3-487-11347-3
 
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