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Kunstgeschichte. Eine EinfĂĽhrung

„Die Untersuchung der Funktion (von Kunst, M.K.) wird dort besonders schwierig, wo nicht nach der Funktion eines bestimmten Werks, sondern nach der Kunst als Funktion des Werks – oder nach der ästhetischen Funktion von Kunst – gefragt wird.“ Diese Fragestellung Hans Beltings, 1985 erstmals formuliert und 2003 in 6. Auflage erschienen im Sammelband „Kunstgeschichte eine Einführung“, verdeutlicht beispielhaft das Anspruchsniveau von Texten 17 namhafter KunsthistorikerInnen, die jeweils ihre eigenen methodischen Zugangsweisen zum historischen „Kontext Kunst“ gesucht und dargestellt haben. Dass gerade Beltings Frage nach der Erkenntnisnatur der ästhetischen Funktion von Kunst heute in Form von Kontexten beantwortet wird, die sich zwischen Rezeptionsästhetik (Wolfgang Kemp), einer Kunstgeschichte als Form angewandter Medienwissenschaft (Horst Bredekamp) und weiteren Ansätzen (Oskar Bätschmann, Nobert Schneider u.a.) bewegen, läßt den Funktionswandel deutlich werden, den die Kunstwissenschaft selbst in den letzten zwanzig Jahren mitformuliert hat: Statt vom autonomen Werk zu sprechen, dessen Autor als ebenso autonomer Schöpfer agiert, richtet sich der Blick der Kunsthistoriker heute auf die Aktionen und Aktivitäten, die mit der Kunst und in der Kunst am Werk selbst zu beobachten sind. Statt äußere Formen zu beschreiben geht es heute darum Formulierungen zu finden, in denen jenes Geschehens präsent wird, das uns heute als historisches Medium ästhetischer Reflektion unter dem Begriff Kunst begegnet.
In vielen Texten dieses Bandes, so etwa im Beitrag Horst Bredekamps (Bildmedien, S. 355 – 378) wird die Lust und der Zwang spürbar, den jeweiligen Gegenstandbereich – die Kunst und ihre Bildmedien – in räumlichen Strukturen, in doppelt reflexiven Beziehungen und historischen Funktionen ihrer Darstellbarkeit zu konstruieren. Eigenartigerweise spart der Band genau jene Ansätze aus, die heute die wohl radikalste Herausforderung an die Beobachtbarkeit von Kunst darstellt: im Prozess der Aktivierung seiner selbst entsteht ein Werk, das eigene Formen der Unterscheidbarkeit gewinnt, indem es interne Formulierungen erschafft, die die prinzipielle Unbeobachtbarkeit als Paradoxie des Kunstsystems markieren. (vgl. ausf. Niklas Luhmann. Die Kunst der Gesellschaft, Ffm. 1997). In der 7. Auflage werden die Herausgeber sich – wohl oder übel – mit der langsam in die Kunstgeschichte einsickernden Systemtheorie Luhmanns auseinandersetzen (müssen). Kunst erschafft einen ausgeschlossenen „unmarked space“ (Luhmann). In diesem können sowohl interne Expertensysteme als auch externe Beobachter, etwa KunsthistorikerInnen leben, die ihre jeweils eigene „Form“ von Kunstgeschichte und -geschehen formulieren.
16.3.2004
Michael Kröger
Kunstgeschichte. Eine Einführung. Hrsg.: Belting, Hans /Dilly, Heinrich /Kemp, Wolfgang /Sauerländer, Willibald /Warnke, Martin. 400 S. 60 Abb. 21 cm. Pb. D. Reimer, Berlin 2003. EUR 29,-
ISBN 3-496-01261-7
 
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