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The Waste Land

Geboren im Jahr 1946 hat der Düsseldorfer Konzept- und Aktions-Künstler Helmut Schweizer sowohl die Biographie seiner Eltern, die Folgen des Krieges als auch die Erfahrungen des „Waste Land“, des öden Landes, in seinem ganzen Leben zu verarbeiten gesucht. Seine Lehrzeit verbrachte er nicht nur mit der Malerei, sondern studierte auch Kunstgeschichte und Philosophie.
In Helmut Schweizers Werk nimmt der von Martin Heidegger angemahnte kritische Geist seiner Zeit eine ganz eigene, individuelle Gestalt an und spielt auf die von Heidegger bezeichnete Wesensverwandtschaft von Kunst, Wissenschaft und Technik an.
Seine Fotografien, Filme, Installationen, Skulpturen, Collagen und Graphiken sind darüber hinaus von tiefem Respekt gegenüber der Natur geprägt und setzen sich auf subtile Weise mit den Bedrohungen technischer Entwicklung und wissenschaftlichen Fortschritts auseinander.
Dabei werden seine Warnungen gegenüber der Atomaren Forschung ebenso spürbar, wie auch die möglichen Resultate chemischer oder physikalischer Prozesse. Seine Installationen sind voll von technischen Laborgefäßen, gefüllt mit leuchtenden und gefährlich anmutenden Flüssigkeiten. Dicke Kabel scheinen geheimnisvolle Wirkungen in Gang zu setzen, und es bleibt für den Betrachter die Frage offen, welche Resultate der Menschheit dienen oder sie vernichten werden.
Die Installation „The End of the World“ gibt aber auch Hoffnung. In einem zerstörten Glasgefäß mit messerscharfen Kanten toben farbige Flüssigkeiten, man möchte meinen, der Klimawandel habe bereits die Welt erobert. Tröstlich ist jedoch, dass dieses kaputte Glas an seinem Grund von einer wie grünes Gras schillernden Glasschale gehalten wird.
Stephan Oehm äußert in seinem ausführlichen Vorwort ein Zitat Schweizers, dass viele Kompositionen, teils in „großen Panoramen zu unheimlich tragisch anmutenden Symphonien über die weinende Erde“ münden. Dazu gehören unter anderen die Werke der Serie „Deutschlandschafft“ (1988-1991), die über dunklem Grund in apokalyptischer Farbigkeit technische Monster zeigen.
Keine Monster zeigt uns Helmut Schweizer aber in einer Fotomontage 144 Frauenköpfe. Bilder alter, junger, moderner und längst verstorbener Personen. Der Titel lautet „Mona Lisa und andere“ (1976). Man muss eine Weile suchen, Mona Lisa ist mit ihrem Lächeln ganz oben in einer Reihung von 8 x 18 Fotos angesiedelt. Die anderen Frauen lächeln nur ganz selten.
Die Abbildungen in diesem Werkkatalog (1968-2019) werden nicht textlich begleitet, man ist als Betrachter völlig allein gelassen. Das kann eine Chance sein oder ein Mangel. Das mag jeder für sich selbst herausfinden. Wer allerdings über den Werdegang Helmut Schweizers und seine Motivationen mehr wissen möchte, der sei unter anderem auf folgenden Link verwiesen. https://www.atelierbesuche.com/helmut-schweizer/
Es ist nicht leicht, die Werke Helmut Schweizers zu verstehen, sie gar zu mögen. Sie fordern Nachdenken, lassen über Wissenschaft, Technik, Kunst und Natur grübeln. Aber sie fordern auf, die Zukunft unserer Welt nicht in „Waste Land“ abstürzen zu lassen.

03.06.2020
Gabriele Klempert
Helmut Schweizer. The Waste Land (continues) – Das öde Land (immer weiter). Beitr.: Oehm, Stefan. Deutsch; Englisch. 2020. 164 S. fb. Abb.,Br. 27,5 x 22,0 cm. EUR 38,00.
ISBN 978-3-89770-543-2   [Salon Verlag]
 
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