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Helmut Schober – Vortex.

Eine Werkschau über vierzig Jahre, Zeichnungen, Gemälde. Und in all dieser Zeit immer im Fokus der Vortex, der Wasserwirbel. Hier zuerst im fotografierten Projekt Vortex der Siebziger Jahre, einer vierseitig geschlossenen Box in der sich von oben auf einen Wasserwirbel schauen läßt. Individuell leicht nachzuvollziehen, anschaulich, konkret erfahrbar. Gefolgt von späteren, abstrakten schwarz-weißen Figurativen und Kosmischen Zeichnungen, Bildern. Oft vaginaähnliche schwarz umrandete Gebilde, fadenförmig umwirbelt, eingehüllt, überlappt. Eine Präsentation des work-in-progress mit dem buchdominierenden Endpunkt maltechnisch anspruchsvoller nun farbiger kosmischer Bilder. Und zugleich eine Werkschau, bei der sich der Assoziationsspielraum des Betrachters vom Konkreten hin zur vieldeutigen Interpretation erweitert, erweitern kann.

All diese Bilder verbindet das Motiv der dynamischen, sogartigen Bewegung. Schwarz-weiß oft mit einem Zug in die Tiefe eines Wirbels, farbig verhaltener mit Schichtflächen, die gelegentlich nebelartig verschwimmen. Und die das Auge hin zu Licht-Spalten oder Licht-Punkten führen, die wie überirdisch, kosmisch, radioaktiv strahlen. Trügerische Bilder, in denen uns schwarz-weiße oder farbige Wirbel nach unten oder oben führen, ins Unbekannte. Und, so sieht es ihr Kreator im Text zu diesem Buch, zu Symbolen, Metaphern dafür werden, daß der Einzelne in seinem Schicksal der von ihm unkontrollierbaren Eigendynamik einer unberechenbaren Macht ausgeliefert ist. Kein angenehmer Gedanke auch dann, wenn sich durch das Moment des Spährischen in farbigen Bildern Assoziationen zu spährisch verklingenden Tönen einstellen. Die sich dann tatsächlich mit Bezug auf Mozarts Musik in Bildtiteln finden.

Schober, schon früh auf der Biennale und documenta vertreten, zeigt uns eine ort- und zeitlose Malerei in der alles fließt, panta rhei, nun ja. Doch wohin? Wir wissen es nicht, denn diese Bilder lassen uns mit Fragen ohne Antworten zurück, alleine. Und es ist die Vieldeutigkeit dieser Bilder, die die Zeitlosigkeit einer geglückten individuellen künstlerischen Ausdrucksweise garantiert.

Zeitlose Bilder, wie maßgeschneidert für unsere Zeit in der Selbst-Gewißheiten in pandemischen Alltagen sogartig verschwinden.

03.04.2020
Wolfgang Schmidt
Helmut Schober. Vortex. Hrsg.: Ronte, Dieter. Engl.; Dtsch. 160 S. 100 fb. Abb. 31 x 31 cm. Hirmer Verlag, München 2020. EUR. 39,90. ca. 48,70
ISBN 978-3-7774-3436-0
 
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