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Der erste Mensch

Da ist er, der Nachfolger von Jean-Claude Izzo. Da sind sie, die Bücher für alle jene, die nach dem Ende der „Marseille-Trilogie“ nach neuem, mediterranen Krimi-Stoff dürsten. Wie Izzo findet auch Xavier-Marie Bonnots Literatur ihren Ort in der Hafenstadt Marseille. Was Izzo sein Polizist Fabio Montale ist, das ist dem 1962 in Marseille geborenen Xavier-Marie Bonnot sein Polizeikommandant Michael de Palma. Nun liegt der dritte Fall auf Deutsch vor.
Auch „Der erste Mensch“ offenbart Bonnots Interesse an historischen Zusammenhängen, an der Überlieferung – ist ein literarischer Kultur-Krimi, der diesmal zu den Calanques zwischen Marseille und Cassis führt, in jene fjordartigen, tiefen Buchten im Kalkstein des Mittelmeeres also, die 2012 zum Nationalpark ernannt wurden. Die Calanques – ehemals Flusstäler – sind ein eigenes Ökogebilde, das von einem System nur von Tauchern erreichbarer Unterwasserhöhlen durchzogen ist. Höhlen, die am Ende der letzten Eiszeit überflutet wurden und die von prähistorischen Tiermalereien und -zeichnungen geschmückt sind, wie etwa die berühmte Grotte Cosquer am Cap Morgiou.
Bonnots Roman ist aber keineswegs nur etwas für Liebhaber frankokantabrischer Höhlenkunst und Menschen, die sich für schamanistische Rituale der Vorgeschichte oder C. G. Jungs Traumdeutung interessieren, sondern auch für solche, die dramatische Spannung schätzen: Denn es sind brutale, ungeklärte Morde, die scheinbar einem alten Ritual folgen, die Michael de Palma hier ermitteln lassen.
Und so ist auch „Der erste Mensch“ ein typischer Bonnot, in dem sich die Sphären der Kunst, der Archäologie, der Geschichte mit Mord, Gewalt und düsterer Gegenwart verbinden. Und schließlich ist dieses Buch auch ein prickelnder Genuss für Südfrankreich-Reisende. Auf den Spuren des psychopathischen Mörders schimmern selbst die Blutlachen türkis wie das Meer – und duften berauschend nach Pinien.

17.03.2020
Marc Peschke
Der erste Mensch. Kriminalroman. Ein Fall für Michel de Palma. Bonnot, Xavier-Marie. Übersetzt von Meier, Gerhard. 352 S. Unionsverlag, Zürich 2020. EUR 19,00. CHF 26,00
ISBN 978-3-293-00555-6
 
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