KunstbuchAnzeiger - Kunst, Architektur, Fotografie, Design Anzeige Verlag Langewiesche Königstein | Blaue Bücher
[Home] [Kunst] [Rezensionen] [Druckansicht]
Themen
Recherche
Service

[zurück]

Copy Right – Die Vervielfältigung von Kunst und Fotografie.

Ob digital im Internet oder gedruckt auf Papier, täglich bringen Menschen Abermillionen Bilder in Umlauf. Nicht alle diese Bilder stammen dabei ursprünglich aus der Hand jener, die sie verbreiten. Vielmehr machen heutige Reproduktionstechniken und die zunehmende Digitalisierung Vervielfältigung zum Kinderspiel - sodass die Nutzung fremden Bildmaterials mittlerweile zur Gewohnheit geworden ist. Insbesondere im Kunst- und Kulturbereich gehört der Umgang mit Vervielfältigungen von Bildmaterial zur alltäglichen Arbeit. Doch auch im privaten Bereich wie etwa in den sozialen Netzwerken, wo Kommunikation zunehmend über Bildinhalte abläuft, spielt ihre Verbreitung eine immer größere Rolle. Wie die genaue Rechtsgrundlage für die jeweilige Nutzung aussieht, basiert dabei häufig auf einem ungefähren Halbwissen, das man sich über die Zeit angeeignet hat. Die genauen Möglichkeiten und Grenzen des Urheberrechts sind dagegen nur wenigen bekannt. Wer möchte bei konkreten Fragen schon das komplette Urheberrecht durchkämmen?
Dieses allgemeine Halbwissen zum Anlass liefert Dirk Lehr, Berliner Rechtsanwalt, einen grundlegenden Überblick für all diejenigen, die alltäglich mit der Verwendung fremden Bildmaterials konfrontiert werden sowie über ihre Urheber. Klar strukturiert bereitet Lehr das deutsche Urheberrecht und seine Nutzungsmöglichkeiten durch Fremde auf. In kurzen Abschnitten erläutert er in sachlichem Tonfall entsprechende Gesetzestexte, wobei er zum Erfreuen seiner Leser auf das Abdrucken der jeweiligen Gesetzestexte verzichtet. Stattdessen nennt er die entsprechenden Passagen und belegt seine Aussagen mit Gesetzesurteilen, die ein tieferes Einsteigen in die Rechtslage ermöglichen. Wenn er zuweilen Beispielfälle hinzufügt, dienen sie dem Verständnis im Falle einer konkreten Anwendung der zuvor erläuterten Paragrafen. Dass Lehrs Buch vor allem als Handbuch zu verstehen ist, in welchem man bei Bedarf nachschlägt, zeigt sich, wenn dem Leser bei durchgängiger Lektüre Textpassagen auffallen, die Wort für Wort drei Seiten zuvor für die Argumentation eines anderen Sachverhaltes verwendet wurden. Leider fallen bei durchgehender Lektüre ebenso immer wieder ein dürftiges Lektorat auf; etwa, wenn der Textumbruch mitten im Satz geschieht. Beides tut dem Inhalt jedoch keinen Abbruch.
Ausgehend von der Frage, was Kunst auf Gesetzesebene bedeutet, kommt Lehr auf ihre Urheber und deren Rechte zu sprechen. Ausführlich, doch trotzdem bündig bespricht und differenziert er, wer Urheber eines Werkes sein kann, welche Art von Werken urheberrechtlichen Schutz genießen und welche Rechte dem Urheber zustehen. Eben das, vor allem kommerzielle Interesse am eigenen Werk steht meist im Konflikt mit der fremden Nutzung. Diese Tatsache wird deutlich, wenn Lehr auf die Nutzungsrechte Anderer zu sprechen kommt: Wie definiert sich eine Vervielfältigung und inwiefern ist diese erlaubt oder verboten? Dabei geht er detailliert auf bestehende Schrankenregelungen ein, die eine Vervielfältigung ohne einzuholende Erlaubnis des Urhebers ermöglichen wie etwa die aktuelle Berichterstattung. Insbesondere hier bietet sich dem Leser eine Übersicht möglicher Beispielfälle von Bildverwendung, die im alltäglichen Gebrauch eine brauchbare Richtschnur sein kann. Es folgen Ausnahmesituationen, welche aus den im Gesetz festgehaltenen Schrankenregelungen herausfallen; schließlich charakterisiert sich Kunst nicht dadurch, sich an Regeln und Gesetze zu halten. Innovative Kunst kennzeichnete sich stattdessen schon immer durch den Bruch damit. So etwa die Appropriation Art, die sich eben dadurch auszeichnet, dass sie sich Werke anderer Künstler bewusst aneignet und so zumindest unter gesetzlicher Hinsicht vervielfältigt. Im Gegensatz zur Rechtslage der USA, wo sich die Appropriation Art auf die sogenannte Fair Use-Doktrin berufen kann, bewegt sie sich in Deutschland deutlich im Bereich der Urheberrechtsverletzung.
Interessant scheint es, dass Lehr auch die Verwendung fremder Bildinhalte in den sozialen Medien innerhalb der Sonderfälle erläutert. Das Wiederholen fremder Bildzeugnisse ohne Erlaubnis ist und bleibt dabei verboten. So fällt im Grunde genommen - was im Rahmen der gültigen Rechtslage bedeutet - jeder Repost auf Instagram, Facebook und Co. durch andere User unter den Fall der Urheberrechtsverletzung oder zumindest in den Bereich ihrer Grauzone; gegeben der Situation, dieser ist nicht durch den Urheber genehmigt worden. In Zeiten einer bilderfundierten Kommunikation in einer digitalisierten Welt offenbart diese Tatsache, wie weit Recht und Realität auseinanderliegen können, da bei durchgreifendem Recht innerhalb sozialer Netzwerke wie Instagram vermutlich die Hälfte aller User urheberrechtlich belangt werden könnte. Nur wenige dürften bei einem unbedarften Post vom letzten Museumsbesuch daran denken, dass damit die Urheberrechte der Künstler verletzt werden könnten, deren Werke im Hintergrund zu sehen sind.
In diesem Sinne bietet Lehrs Buch ein Nachschlagewerk, das auf Basis der 2018 bestehenden deutschen Gesetzeslage die Rechte des Urhebers, aber auch die Rechte des möglichen Vervielfältigers handgerecht aufführt. Zwar löst dies nicht die Unannehmlichkeiten, die das Urheberrecht im alltäglichen Gebrauch weiterhin für seine Nutzer bereithält, doch bietet es dem Leser ein sinnvolles Handbuch für den Umgang mit ihm.

22.10.2019
Valentina Bay
Copy Right. Die Vervielfältigung von Kunst und Fotografie. Möglichkeiten und Grenzen des Urheberrechts. Lehr, Dirk. 250 S. fb. Abb. Salon Verlag, Köln 2018. EUR 24,80.
ISBN 978-3-89770-536-4   [Salon Verlag]
 
© 2003 Verlag Langewiesche [Impressum] [Nutzungsbedingungen]