KunstbuchAnzeiger - Kunst, Architektur, Fotografie, Design Anzeige Verlag Langewiesche Königstein | Blaue Bücher
[Home] [Kunst] [Rezensionen] [Druckansicht]
Themen
Recherche
Service

[zurück]

Skizzenbuchgeschichte[n]

Das Zeichnen und Schreiben in Skizzenbüchern ist seit Jahrhunderten und bis heute ein wesentlicher Bestandteil künstlerischer Praxis.
Der Gesamtbestand von mehr als 250 Skizzenbüchern vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart, von Malern, Zeichnern, Bildhauern, Architekten wie auch Reiseskizzenbücher typologisiert und in einer detaillierten Bestandsliste erfasst.
Skizzenbücher dienten den Künstlern aller Zeiten als private Reisebegleiter und boten Raum sowohl für das Vertraute als auch das Unscheinbare, ein schlafender Hund oder ein kleines Kind auf dem Arm seiner Mutter. Das spontane Zeichnen in Skizzenbüchern kann im Alltag geschehen und der Langeweile von Routinen entgegengesetzt werden, beim U-Bahnfahren erfolgen, im Wartezimmer oder gar beim Schlange stehen im Supermarkt. Die Bücher haben einen festen Einband, und meist konnte man zusätzlich ein Zeichengerät befestigen, so dass das Buch gesichert in der Tasche ruhte, aber stets zur Verfügung stand.

Von Joseph Anton Koch (1768-1839) sind in seinem Skizzenbuch zwei Ansichten von Florenz erhalten geblieben, die er für seine Schüler während der Ausflüge anfertigte, um sie daheim als Anschauungsmaterial zu verwenden.
Carl Spitzweg (1808 – 1885) hielt in seinem Skizzenbuch Erinnerungen des Dorfplatzes in Dinkelsbühl fest. Einen Tag später belegen fünf weitere Seiten sein kunsthistorisches Interesse an den romanischen Fresken der Stiftskirche in Feuchtwangen. Drei seiner Skizzenbücher haben sich in der Graphischen Sammlung München erhalten und vermitteln einen sehr privaten Einblick in sein künstlerisches Schaffen.
Franz Marc (1880-1916) wiederum zeichnete seine Skizzen „Fuchs“, „Schwalbe“ und „Vier Pferde“, die bis an die Blattränder ausgearbeitet sind, währende seines Kriegseinsatzes 1915 in Frankreich, den er nicht überlebte. Es sind „Entitäten, kleine und große Welten, Miniaturen, die etwas ermesslich Komisches meinen“, schreibt Franc Marc.
Ähnlich privat scheinen die Spuren, die Ines Beyer (geb. 1968) hinterlässt. Sie berichtet über ihr Skizzenbuch, sie sei einige Stunden des Tages mit zwei Skizzenbüchern unterwegs gewesen. Ihre Zeichnungen seien oberhalb einer Kiesgrube auf einem sandigen Streifen Brachland entstanden. Die Zeichnungen draußen sind unabhängig von ihrer Arbeit im Atelier entstanden… „eine Arbeit, die mit Leichtigkeit mit etwas spielt.“

Wenn man diese Skizzen-Sammlung durchblättert, scheint man den Künstlern besonders nahe zu sein.
Diese graphischen Spuren sind geprägt durch große Unmittelbarkeit sowie Heterogenität: Gesehenes, Gehörtes und Gelesenes, Einfälle, Gedanken und Erinnerungen können bewahrt, strukturiert und reflektiert werden. Gleichzeitig bieten Skizzenbücher einen privaten und geschützten Raum, um jenseits aller ästhetischen Erwartungen und Konventionen Neues zu entdecken.

Die Staatliche Graphische Sammlung München stellt das Medium Skizzenbuch erstmals in den Mittelpunkt einer umfassenden musealen Präsentation. Der Ausstellungskatalog umfasst sowohl eine Typologie des Schreibens und Zeichnens im Skizzenbuch als auch aktuelle Forschungsergebnisse zu kunsttechnologischen Aspekten.

10.07.2018
Gabriele Klempert
Skizzenbuchgeschichte[n]. Skizzenbücher der Staatlichen Graphischen Sammlung München. Hrsg.: Schachtner, Christiane; Strobl, Andreas. 392 S. 280 fb. Abb. 27 x 19 cm. Deutscher Kunstverlag, Berlin 2018. EUR 39,00.
ISBN 978-3-422-07459-0
 
© 2003 Verlag Langewiesche [Impressum] [Nutzungsbedingungen]