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Käthe Kollwitz und ihre Freunde

Käthe Kollwitz (1867 – 1945) liebte Kinder, liebte das Leben, liebte ihre Freunde und die Kunst und doch blieb die Grande Dame der „entarteten“ Kunst viele Jahre im Schatten der Wahrnehmung. Als der Langewiesche Verlag nach Jahren seines eher „rechts“ gerichteten populären Buchprogramms bereits 1965 seinen Band über Käthe Kollwitz herausbrachte, galt diese Künstlerin noch als „schwer verdaulich“ und eine Publikation riskant.

Das ist nun anders, ihr 150. Geburtstag wird mit vielen Ausstellungen und Veröffentlichungen ausgiebig gefeiert. Recht so!
Jörg Raach empfiehlt den dicken Katalog aus dem Deutschen Kunstverlag, in dem zahlreiche Werke präsentiert werden und das Leben der Künstlerin am Berliner Prenzlauer Berg eine ausführliche Würdigung erfährt.
Der hier beschriebene Band kreist um die Freunde von Käthe Kollwitz. Erhalten sind nur die Briefe an ihre Weggenossen sowie Einträge aus ihrem Tagebuch. Sie sind meist knapp gehalten und geben dennoch einen tiefen Einblick in das politische und gesellschaftliche Wirken sowohl dieser großartigen Künstlerin als auch ihrer Freunde.

Unter ihnen sind klangvolle Namen. Max Liebermann zählte zu ihren Förderern, und auch als sich 1933 viele von ihm und seiner Familie abwandten zeigte Käthe Kollwitz Standhaftigkeit und Mitgefühl. Albert Einstein lernte sie 1918 kennen, gemeinsam engagierten sie sich überparteilich und dennoch hoch politisch u.a. in der Liga der Menschenrechte, und Einstein gelang die Aufstellung ihrer Skulptur „Trauernde Eltern“ in Roggevelde, in Belgien. Mit Gerhart Hauptmann war die Beziehung komplizierter. Man blieb sich räumlich fern, und Käthe Kollwitz störte sich an manchen Eitelkeiten des Dichters und Nobelpreisträgers, blieb mit ihm aber bis 1943 „in geistiger Verbundenheit“. Viel intensiver war die Beziehung zu dem Künstler Otto Nagel, der ihr die Tür nach Russland öffnete und sich mit ihr für die internationale Arbeiterhilfe stark machte.
Aber auch unbekanntere wie der jüdische Sammler Julius Freund, die von Kollwitz bewunderte, aber völlig unpolitische früh verstorbene Studienfreundin Marianne Fiedler, oder der Förderer Hermann Fürchtegott Reemtsma gehörten zu ihrem engeren Freundeskreis. Julius Freund begeisterte sich für die Kunst der Käthe Kollwitz, und H.F. Reemtsma kaufte zahlreiche ihrer Werke auch, als diese öffentlich nicht mehr ausgestellt werden durften. Leider wird in dem vorliegenden Band die Beziehung zwischen Käthe Kollwitz und Ernst Barlach ausgespart, da diesem Kapitel demnächst eine eigene Ausstellung gewidmet werden soll. Es wird hier nur erwähnt, dass Barlach und Kollwitz eng befreundet waren und H.F. Reemtsma beide Künstler förderte und verehrte.
Ebenfalls zu ihrem Freundeskreis zählten der Maler Reinhard Schmidhagen, der Reformpädagoge Fritz Klatt, der Literatur- und Kunstkritiker Julius Elias sowie Heinrich Zille, der sich allerdings, ähnlich wie Käthe Kollwitz, von allzu öffentlichen Veranstaltungen fernhielt. Die Beziehung der beiden Künstler blieb mehr oder weniger „dienstlich“.
Wie weit sich das Netzwerk der Käthe Kollwitz bis an ihr Lebensende spannte, ist aufgrund breiter Forschungsbemühungen erst in jüngster Zeit erkennbar geworden.

Auch wenn der Erste Weltkrieg noch von einigen der hier genannten Freunde befürwortet wurde, änderte sich diese Einstellung nach den ersten schrecklichen Erfahrungen rasch. Käthe Kollwitz stand nach dem Tod ihres Sohnes Peter auf dem Schlachtfeld des Krieges zwar dem linken politischen Flügel nahe und unterstützte deren Ziele, scheute aber jede Parteizugehörigkeit und lehnte jede politische Hetze ab.

Ihr Plakat „Nie wieder Krieg“ hat zurecht die deutsche Friedensbewegung geprägt und das Andenken an diese kluge, mutige, feinsinnige, aber scheinbar spröde Künstlerin bis heute bewahrt. Ihr sei unser Dank und unsere Erinnerung gewiss.

Das Buch über ihre Freunde, die mit zahlreichen Abbildungen gewürdigt werden, zeugt von der Großartigkeit der Künstlerin Käthe Kollwitz. Gerade in diesen Zeiten: unbedingt lesenswert!

20.07.2017

Käthe Kollwitz. Schmalenbach, Fritz. Übersetzt von Grieve, Heide. Dtsch; Engl. 88 S. 27 x 19 cm. Pappe. Langewiesche, Königstein 2014. EUR 12,80. CHF 18,90 ISBN 978-3-7845-2672-0

Kathleen Krenzlin (Hg.): Käthe Kollwitz und Berlin – eine Spurensuche, 320 S. 212 fb. 55 sw. Abb. Gb. Deutscher Kunstverlag, Berlin/München 2017, EUR 24,90 ISBN: 978-3-422-07424-8
Gabriele Klempert
Käthe Kollwitz und ihre Freunde. Katalog zur Sonderausstellung anlässlich des 150. Geburtstages von Käthe Kollwitz. Hrsg.: Käthe-Kollwitz-Museum Berlin. 160 S. 184 meist fb. Abb. 26 x 21 cm. Pb. Lukas Verlag, Berlin 2017. EUR 20,00.
ISBN 978-3-86732-282-9   [Lukas]
 
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