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Hans Thoma – Lieblingsmaler des deutschen Volkes

Der Künstler Hans Thoma (1839-1924) galt um 1900 und dann in breiten Kreisen bis in den NS-Dunst als „Lieblingsmaler des deutschen Volkes“. Nach fast 25 Jahren (Freiburg 1989: „Hans Thoma Lebensbilder“) gibt es die erste Hans-Thoma-Museums-Ausstellung jetzt (3.7.-29.9.2013) im Frankfurter Städel, das neben den Karlsruher Museen den umfangreichsten Bestand an Thoma-Werken besitzt: 80 Gemälde und hunderte Arbeiten auf Papier. In Frankfurt ist es die erste Thoma-Ausstellung seit 1934. Im Unterschied zu Freiburg 1989 (120 Exponate) zeigt die Frankfurter Ausstellung von 2013 „nur“ eigene Bestände, eine Auswahl von 69 Arbeiten.
In dem sehr großzügig gestalteten Katalogband mit erstklassigen Abbildungen (160 Seiten 28x23 cm, 107 Farb- und 32 s/w-Abbildungen) werden im Katalogteil von den 69 gezeigten Werken 18 mit Kurzkommentaren vorgestellt. Zwei einleitende Texte (Felix Krämer, Nerina Santorius) und ein abschließender Beitrag (Felicity Grobien zu Thoma und Frankfurt) sowie schließlich eine anregend bebilderte Thoma-Biografie (Brigitte Sahler) werden von 70 Vergleichsbildern und Dokumenten begleitet.
Museumsdirektor Max Hollein weist in seinem Vorwort auf „Thomas komplexe malerische Techniken“ hin, große Herausforderungen für die Restauratoren, etwa wenn Thoma mitunter den Firnis seiner Bilder einfärbte. Auch Krämer bespricht Thomas Experimente mit künstlerischen Techniken, besonders im Bereich der Druckgrafik (Algrafie, „Tachografie“, Lithografie, letztere zuweilen mit Öl übermalt, S. 22). Thoma gelang es auch, „eine Unterwasserszene in eine stürmische Winterlandschaft zu verwandeln,“ wie er überhaupt einige Bildfindungen variierte und als Versatzstücke mehrfach benutzte.
Die Hauptmotivation für die gesamte Ausstellung reflektiert der Katalog vorwiegend mit den Textbeiträgen: Hans Thoma war bekanntermaßen immer schon ein „heißes Eisen“: es gab schon im 19. Jh. schroffe Ablehnung und (z. T. glühende) Verehrer – von den Nazis wurde er übermäßig beansprucht als „urdeutsch“. Krämer erinnert nun auch daran, dass Thoma-Bilder in Büchern der 1990er Jahre zur deutschen Kunstgeschichte des 19. Jh. gar nicht mehr gezeigt wurden (Robert Suckale, Heinrich Klotz, Hubert Locher, Eberhard Roters), dass aber Museen in Los Angeles und Chicago Thoma-Bilder prominent zeigen (S. 24f.). Die Ausstellung will „an diese Tradition der lebendigen Auseinandersetzung … anknüpfen“. Die beiden anderen Beiträge machen darauf auch Appetit, mit werkbezogenen Hinweisen (z. B. auf Thomas Kostüm-Entwürfe für Bayreuth, Wand- und Deckenbild-Entwürfe für das Café Bauer an der Frankfurter Hauptwache), und mit Hinweisen auf Reizthemen der Rezeptionsgeschichte aus soziapsychologischem bzw. politischem Blickwinkel (Bürgertum nach der Reichsgründung1871, Nationwerdung mit dem Künstler als Priester-König, Antimodernismus, der Deutsche vom Land: „naiv“, „ungelenk“, aber „gesund“).

13.09.2013
Hans-Curt Köster
Hans Thoma. "Lieblingsmaler des deutschen Volkes". Realistisch und Fantastisch. Heimatliche Motivik aus der Erlebniswelt des Künstlers. Mythologische Szenen von Richard Wagner inspiriert. Hrsg.: Krämer, Felix; Hollein, Max. 120 fb. Abb. 32 x 24 cm. Pb. Wienand Verlag, Köln 2013. EUR 29,80. CHF 39,90
ISBN 978-3-86832-154-8
 
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