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Kunst auf dem Campus - Kunst am Bau der Universität Heidelberg

Dieses Buch war längst überfällig. Nun ist es da, rechtzeitig zum 625. Jubiläum der Universität Heidelberg: eine Präsentation nahezu aller Kunstwerke auf dem Heidelberger Unigelände - sowohl im Freien stehende Skulpturen und Objekte als auch eine stolze Reihe von Rauminstallationen und Wandbildern, die die Innenräume der universitären Einrichtungen schmücken. Wie eng Kunstwerk und Raum miteinander verwoben sein können, zeigt etwa die Deckengestaltung in der Triplex-Mensa (Altstadt), die von dem Freiburger Alfonso Hüppi stammt und 1978 im Mensa-Neubau installiert wurde.

Der Schwerpunkt des Jubiläumsbandes, dessen Entstehen der Athenäum-Stiftung für Kultur und Wissenschaft zu verdanken ist, liegt eindeutig in den Kliniken und den Lehreinrichtungen des Neuenheimer Feldes, daneben finden sich einige wenige Arbeiten in der Altstadt (s.o.), im nahen Schlierbach sowie in Mannheim. Das wohl berühmteste Werk im Besitz der Ruperto Carola ist die Mutter-und-Kind-Gruppe von Henry Moore (entstanden 1960), die vor dem Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin steht. Aber auch Namen wie HAP Grieshaber (Wandbild "Die Sintflut" im Zoologischen Institut, 1971), Bernhard Heiliger ("Große vegetative Skulptur", Pathologisches Institut, 1960), Pieter Sohl (Großes Glasfenster im Kapellenraum des Pathologischen Instituts, 1966) und Michael Croissant ("Aufrecht stehende menschliche Figur", Foyer der Kopfklinik, 1985) sind vertreten.

Die im Buch vorgestellten Arbeiten sind im Rahmen des Programms "Kunst am Bau" (der Landesregierung Baden-Württemberg) entstanden, die seit 1955 konsequent bei Baumaßnahmen des Landes Künstler und Künstlerinnen mitbeteiligt. Vom Thema her haben und hatten die Künstler dabei weitgehend freie Hand: Wie der Vorstand der Athenäum-Stiftung Prof. Dr. Dietrich Götze in seinem Geleitwort sagt, gibt es "bis auf einige Ausnahmen ... keinen zwingenden Zusammenhang zwischen dem, was in einem Gebäude erforscht wird und der Aussage der Kunst am Bau". Eine der Ausnahmen ist die Arbeit des 1910 geborenen Walter Koch, der für das Mineralogisch-Paläontologische Institut eine mächtige Weltkugel aus Aluminium, Edelstahl und Eisen schuf (1964), in die man hineinsehen kann, und zwar bis zum Erdkern.

Für Patienten und Besucher des Kopfklinik-Foyers ist die "Große Heidelbergerin" (1986) von Karl-Manfred Rennertz sicher willkommene Ablenkung von der Kliniksituation. Der Künstler hat die über zwei Meter große Skulptur aus Eichenholz mit der Motorsäge modelliert, ja, hat der expressionistisch wirkenden Figur sogar ein leises Lächeln ins Gesicht "gesägt". Eine ähnlich positive, wenn auch nicht erheiternde Wirkung hat das Rollenbild (1987) von Wolfgang Weber und Gerhard Wolfstieg in einem der Wartebereiche der Kopfklinik: Eine Farbkomposition in verschwimmenden Blau-, Grün- und Gelbtönen, die sich - auf einer langen Rolle aufgetragen - in unendlicher Bewegung befindet und von Musik begleitet wird. Wenn schon warten, dann hier, wo die Assoziation mit Naturerlebnissen entspannende Wirkung hat. Aber auch die sogenannte "Patientenstraße" der Medizinischen Krehl-Klinik, ebenfalls ein Ort des Wartens, bietet aufmunternde Kunsterlebnisse, so zum Beispiel die sechs bunten Fische von Ivan Fayard (2003), die Porträts von Apfel und Pfirsich (2003) von Gerhard Martini und Corinne Wasmuths buntes Bild (2002), das an Regenpfützen auf einem großstädtischen Boulevard erinnert: Wohlweislich "Ohne Titel" lässt es der Phantasie des Betrachtenden freien Raum - und lenkt von Beängstigendem ab.

(Da der Skulpturenpark der Orthopädie in Heidelberg-Schlierbach nur teilweise Baumitteln des Landes geschuldet ist, sei er nur am Rande erwähnt: Immerhin befinden sich hier jedoch Arbeiten von Bernhard Heiliger, Karl Hartung, Hans Steinbrenner etc.)

Lässt dieses Buch auf mehr hoffen? Auf eine Zusammenstellung der künstlerischen Arbeiten, die sich im Besitz der Stadt und/oder der einzelnen ansässigen Firmen befinden? Vielleicht auf eine Würdigung alter und neuer Arbeiten im öffentlichen Raum, wie zum Beispiel des imposanten Wandreliefs des Sonnengottes auf seiner Fahrt über den Himmel aus den fünfziger bzw. sechziger Jahren im Heidelberger Hauptbahnhof ...? Ein Anfang wäre mit dem vorliegenden prachtvollen und gelungenen Band jedenfalls gemacht!

3.12.2011
Daniela Maria Ziegler
Präger, Christmut. Kunst auf dem Campus. Kunst am Bau der Universität Heidelberg nach 1945. Hrsg.: Athenaeum. Dietrich Götze Stiftung für Kultur und Wissenschaft.Einleitung Götze, Dietrich und Eitel, Bernhard. 208 S., 124 fb. Abb., 93 sw. Fotos. Gb. Akademische Verlagsgesellschaft AKA, Heidelberg 2011. EUR 68,00
ISBN 978-3-89838-658-6
 
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