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Kinderkunstspiel

Das Spiel basiert auf dem genauen Hinsehen, und ganz nebenbei prägen sich den jungen Mitspielern die abgebildeten Kunstwerke in ihr Gedächtnis ein, wobei eine Art virtuelles Museum entsteht.
48 farbige Bildkarten erlauben einen Streifzug durch die Kunst der Jahrhunderte. Auf den Kartenrückseiten werden Fragen zu Handlungsabläufen oder Besonderheiten des Dargestellten aufgeführt, Fragen nach der Kleidung, nach Gegenständen, nach Haarfarben und in welcher Hand dies oder jenes gehalten wird. Darüber hinaus werden auf der Kartenrückseite kurz die Künstler und deren Werke erklärt. Neben dem Beantworten von jeweils drei Fragen, die kindgerecht formuliert und leicht zu beantworten sind, müssen kleine Bildausschnitte zugeordnet werden, und wenn man Glück hat, erhält man durch den richtigen Dreh einer Pappscheibe weitere Trophäen wie Puzzlesteine, die in ein Gesamtbild zu ordnen sind.
Doch einen besonders tiefen Eindruck dürften die gezeigten Abbildungen im Gemüt der Kinder nicht hinterlassen. Für die kindliche Wahrnehmung präsentieren sich die meisten Darstellungen viel zu klein, und viele Details, die ein Kunstwerk erst zu einem Kunstwerk werden lassen, verschwimmen in dunkler See und stürmischem Himmel (Rembrandts "Der Sturm auf dem See") oder in weiter Landschaft (Pieter Bruegel, Kornernte).
Das eigentlich Kreative an der Kunst, sich angesprochen zu fühlen, eine Position zu dem Gesehenen einzunehmen oder eigene Lebensbilder den Werken entgegenzustellen, erlauben die Abbildungen nicht oder nur kaum. Auch die vermutlich für Erwachsene bestimmten Begleittexte zum jeweils dargestellten Werk fordern wenig heraus. Wird für das Kind zu Picassos "Paul als Harlekin" danach gefragt, worauf der Junge sitzt, welche Farben sein Anzug hat und wie der Junge die Hände hält, erfahren die Erwachsenen im beigefügten Text über den Künstler selbst nur, dass er ein spanisches Multitalent gewesen war und viele Stilrichtungen erfunden hat.
Eltern, denen die dargestellten Kunstwerke und dazugehörigen Geschichten der Epoche fremd sind - und das dürften nicht wenige sein - sollten sich auf schwierige Fragen einstellen. Warum hat sich van Gogh zum Beispiel nach einem Streit ein Ohr abgeschnitten (Vincent van Gogh, Selbstbildnis mit verbundenem Ohr)? Das ist auch dann schwer zu erklären, wenn es heißt, dass es dem geistig verwirrten Künstler van Gogh wichtig war, seine Gefühle darzustellen. Oder was fangen Eltern und Erzieher damit an, wenn es heißt, dass Caravaggios Amor "nicht nur guckt, sondern auch noch frech lacht"? Abgesehen von solchen Schwierigkeiten bleibt dieses Spiel eher ein Abfragespiel, weniger ein Spiel zur Kunst, und die Kinder haben schon nach wenigen Spielrunden den Dreh raus, welche Antwort die richtige ist. Und doch: das Spiel ist geeignet, eine erste Spur hin zur Kunst zu legen und dürfte über die Feiertage mancher Familie einige schöne Nachmittage bescheren. Wenn die Antworten nach einigen Spielen in Windeseile purzeln, sollte man es weiterverschenken, bevor es für Kinder, die zwischen 7 und 8 Jahre alt sein sollten, langweilig wird.

Gabriele Klempert
Fackler, Thomas: Das neue Kinderkunstspiel. 33 cm. Prestel, München 2003. EUR 24,95
ISBN 3-7913-3009-8
 
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