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Gut Licht! Fotografie in Baden 1840 – 1930

Regionale Fotogeschichten beginnen gewöhnlich bei Adam und Eva, also bei Niépce, Daguerre, und Talbot, und erzählen die Stadien der Erfindung, als wären diese nicht hinlänglich bekannt. Anschließend folgen sie den eingetretenen Spuren der Fotohistoriografie, die ihren Standpunkt ständig ändert, zunächst die frühen Verfahren ins Visier nimmt, sich dann auf die Suche nach der Kunst macht, schließlich einige Anwendungen herauspickt, um letztendlich bei dieser oder jener lokalen Größe in Jubel auszubrechen. Das Jubiläumsjahr 1989 hat uns eine Reihe solcher Werke beschert, und es hat lange gedauert, bis endlich eine Publikation vorliegt, die andere Blicke auf das Medium und seine Vergangenheit wirft. Der abgegriffene Titel „Gut Licht“ – eine Art Glückauf der Fotogilde – kann also getrost gewendet und programmatisch verstanden werden. Denn der vorliegende Band lässt nicht nur die „Fotografie in Baden“ in angemessenem Glanz erstrahlen, sondern erhellt auch das weite Spektrum fotografischer Produktion vom 19. Jahrhundert bis nach dem Ersten Weltkrieg.
Es gibt nahezu keinen Anwendungsbereich, der ausgelassen bleibt, keine Spezialisierung, die nicht an prototypischen Personen- oder Firmenbiografien abgehandelt wird, keine technischen Belange, die nicht dazwischen ihre maßvolle Erwähnung fänden. Man begegnet Fotografinnen, denen an kunstvollen Kreationen gelegen ist, und solchen, die Industriebauten dokumentieren; Verlagen, die kolorierte Trachtenserien vertreiben; Lichtbildnern, die in die Mittelmeerländer reisen, und welchen, die von Dorf zu Dorf ihre Dienste anbieten. Wir lernen den Atelierbetrieb kennen, die Arbeitsweisen von Architektur- und Landschaftsfotografen, die bevorzugten Themen und Motive von Amateuren und Knipsern. Vor der Kamera haben ebenso Prominente wie Bauern, Schauspieler wie Kinder und nicht zuletzt die Bildautoren selbst posiert. All dies wird dem Leser entlang von kurzen Textbeiträgen dargeboten, und mit reichhaltigen Illustrationen anschaulich gemacht.
Dass ein lebendiger Rückblick auf 70 Jahre Fotografie in einer Region Süddeutschlands entstanden ist, verdankt sich dem gut ausgewählten Bildmaterial, vor allem aber einer Sichtweise, die nicht nur das Fachpublikum anspricht. Unter den 19 Autoren befinden sich nur ein einziger Fotohistoriker und eine Kunstgeschichtlerin, wohl aber mehrere Volkskundler sowie Archivare, Kulturwissenschaftler, Techniker, Fotografen und Museumsleiter und -kuratoren. So wird das Bildmaterial nicht – wie meist üblich – allein nach medienspezifischen und ästhetischen Kriterien in Augenschein genommen, sondern von mehreren Seiten aus betrachtet. Nicht die Form steht im Mittelpunkt dieser verdienstvollen Veröffentlichung, sondern die Wirklichkeit, die zu den Bildern geführt hat.
Timm Starl
Gut Licht!. Fotografie in Baden 1840-1930. Hrsg.: Haug, Elisabeth. 300 S. 400 fb. u. Duotone-Abb. 27 cm. Gb. G. Braun, Karlsruhe 2003. EUR 30,-
ISBN 3-7650-8290-2
 
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