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Nick Brandt

The Day May Break

Der in England aufgewachsene und in Kalifornien lebende Fotograf Nick Brandt wurde mit ikonischen Bildern von Tieren in Afrika bekannt. Mit frontal fotografierten Elefanten oder Löwen, Zebras, Schimpansen und Giraffen. Im Hintergrund oft der für Brandt so typische, bewegte, in Unschärfe belassene, wolkenverhangene Himmel. Mit Fotografien, die man ehrfurchtsvoll betrachtet und die in prächtigen Büchern gedruckt wurden. „Ich versuche, die Tiere so, wie sie sind – ihre Persönlichkeit, ihre Seele – einzufangen und sie genauso zu fotografieren, wie ich es bei Menschen tun würde“, hat der Fotograf einmal gesagt.

„Die Tiere und Landschaften Ostafrikas haben so etwas Mythisches an sich“, so Brandt – und er vermochte es tatsächlich, die so oft fotografierten Stars der Tierwelt auf eine Weise zu zeigen, wie es noch nie jemand vor ihm getan hat. Majestätisch. Von sonderbarer Monumentalität.

In einem weiteren Schritt ging der 1966 geborene Fotokünstler über das bisher Geschaffene noch hinaus und ließ die Gegenwart in seine Bilder, zeigte, wie sich die Ökosysteme verändern, wie die Rückzugsorte der Tiere immer stärker schwinden. Wo früher Zebras standen, rosten heute Autowracks. Wo früher eine Savanne war, wird heute Tagebau betrieben. Aus einem Dschungel wurde ein Fabrikgelände – oder eine wuchernde Müllkippe. Da, wo früher Wildnis war, ist die menschliche Zivilisation auf dem Vormarsch.

Und nun, wieder einige Jahre später, tauchen erstmals Porträts von Menschen in Nick Brandts Kunst auf. „The Day May Break“, jetzt auch als Buch bei Hatje Cantz erschienen, wurde in Simbabwe und Kenia Ende 2020 fotografiert. Wir sehen Menschen und Tiere in gemeinsamen Porträts. Oft sitzen die Menschen auf Holzkisten. Hinter ihnen stehen die Tiere – vereint in ihrem Schicksal, von Umwelteinflüssen und -zerstörung betroffen zu sein.

Wirbelstürme und Dürren haben Menschen und Tiere aus ihrer Heimat vertrieben – die Tiere wurden in Auffangstationen gerettet und haben alles Wilde abgelegt. Die ehemals stolzen Wildtiere sind so zutraulich geworden, dass Brandt sie gemeinsam mit den Menschen fotografieren konnte. Sie alle werden eingehüllt von einem künstlichen Nebel – ein gelungener Kunstgriff Brandts, der die Verbundenheit der Welt der Tiere und die der Menschen unterstreicht und den Bildern eine ungesehene, mysteriöse Aura verleiht.

Befinden wir uns in einer Art Vorhölle? Ist das Ende der Welt nun wirklich gekommen? Ist die Apokalypse nah? Oder erzählen diese Bilder auch doch von Hoffnung? Immerhin: Die Menschen und die Tiere – sie haben überlebt. „Ich versuche, die Tiere so, wie sie sind – ihre Persönlichkeit, ihre Seele – einzufangen und sie genauso zu fotografieren, wie ich es bei Menschen tun würde.“ Viele Jahre später ist es wirklich zu einer Vereinigung von Mensch und Tier in der grandiosen Fotografie von Nick Brandt gekommen.

03.05.2022
Marc Peschke
Nick Brandt. The Day May Break. Hrsg.: Barth, Nadine; Beitr.: Owuor, Yvonne Adhiambo; Brandt, Nick; Everett, Percival. Englisch. 168 S. 60 Abb. 34 x 32 cm. Hatje-Cantz Verlag, Berlin 2021. EUR 54,00. CHF 62,00
ISBN 978-3-7757-5089-9
 
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