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Henrik Spohler – Hypothesis

Wissenschaft kommt geheimnisvoll und verwirrend daher.
Das Fotoprojekt Hypothesis von Henrik Spohler thematisiert in analytischen, dokumentarischen Bildern die Welt der Wissenschaft und Forschung und stellt Fragen zu unserem Verhältnis zu Natur und Umwelt. Da gibt es noch viel zu erfassen.
Spohlers Fotografien zeigen Experimente und wissenschaftliche Anlagen am Rande des technisch Machbaren. Der Fotoessay mit rund 50 Bildern ordnet sich dabei in vier Bereiche:
Im Kapitel »Zeit« wird die erdgeschichtliche Zeit, die Zeitmessung oder das Bestehen des Universums thematisiert. Vor 120.000 Jahren lebten in der Nordsee Lebewesen, die heute (noch) im Mittelmeer zuhause sind und in Form von verpackten Eisbrocken aus 2.420 Meter Tiefe in Copenhagen untersucht werden.
Das Kapitel »Raum« zeigt unter anderem Satelliten oder Observatorien, die in die Tiefen des Weltalls schauen. Die drei Kuppeln in Nordchile sehen aus wie drei Eiskugeln mit geheimnisvollem Inhalt, man sucht hier drinnen nach Planeten außerhalb unseres Sonnensystems.
»Materie« gibt Einblicke in die Forschung zu den kleinsten Teilen der Natur. Der Blick in einen Quantensimulator lässt mich fürchten, dass dieses Gewirr aus Kabeln, Kästchen, Steckern und Stöpseln für niemanden verständlich sein kann. Ähnlich verwirrend ist der Blick in den Fusionsreaktor Wendelstein, hier wird erprobt wie man aus Wasserstoff klima- und umweltfreundliche Energie erzeugen kann. Aber es lebe die Wissenschaft!
Der Bereich »Leben« beschäftigt sich mit der Grundlagenforschung an tierischen- sowie pflanzlichen Organismen und dem Menschen schlechthin. Ganz menschlich scheint es den Schmetterlingsfinken zu ergehen. Gut genährte und gesunde Männchen singen besonders kräftig und genießen darum bei der Weiblichkeit mehr Ansehen. Jungs gebt Acht!
Die vier Themenfelder ergänzen sich zu einer Fotoserie, die einen ganz eigenen Kosmos entwirft – ein bildliches Mega-Labor, das teilweise losgelöst von der Außenwelt und ohne konkrete Vorgabe einem einzigen Ziel gehorcht: Die Welt von morgen mit neuen Erkenntnissen zu versorgen. In einer Gegenwart, in der es politisch möglich geworden ist, wissenschaftliche Erkenntnisse zu ignorieren oder gar zu negieren, zeigt das Projekt Hypothesis ein komplexes und hochentwickeltes Wissenschaftssystem als Basis für eine aufgeklärte und zukunftsgerichtete Gesellschaft.

Bleibt noch der Wunsch, dass diese wissenschaftlichen Konstruktionen und ihre Ergebnisse, beziehungsweise ihre Möglichkeiten aber genauso gut Gefahren sich auch dem Laien besser als bisher eröffnen.

16.06.2020
Gabriele Klempert
Hypothesis. Henrik Spohler. Spohler, Henrik. Dtsch; Engl. 112 S. 23 x 30 cm. Hartmann Books, Stuttgart 2020. EUR. 34,00.
ISBN 978-3-96070-040-1
 
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