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Gerda Taro – Mit Robert Capa im spanischen Bürgerkrieg

Gerda Taro wurde nur 26 Jahre alt. Das ist vielleicht das erste, was man über sie wissen muss. Geboren in Stuttgart als Gerta Pohorylle im Jahr 1910, verstorben schon 1937 in El Escorial, Spanien. Dazwischen liegt das Leben einer deutschen Fotografin, der nur wenige Schaffensjahre vergönnt waren.

Lange stand Taro im Schatten ihres Partners Robert Capa. An seiner Seite fotografierte sie die Gräuel des Spanischen Bürgerkrieges, an dem teilzunehmen sie für ihre Pflicht hielt. Aus einer jüdischen Familie stammend, schloss sich Taro um 1930 sozialistischen Gruppen an und wurde im Jahr 1933 verhaftet. Nach ihrer Freilassung ging sie ins französische Exil nach Paris, wo sie den ungarischen Fotografen André Friedman kennenlernte, der sich später auf ihren Rat „Robert Capa“ nannte.

Aus Gerta Pohorylle wurde – nicht wenig glamourös – „Gerda Taro“. Zusammen gingen sie im Sommer 1936 nach Spanien, um den Bürgerkrieg nach dem Putsch von General Franco für verschiedene internationale Zeitungen und Magazine zu dokumentieren. Am 25. Juli 1937 starb Gerda Taro. Während eines Bombenangriffs der deutschen Legion Condor wurde sie von einem Panzer überrollt. Sie liegt auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris begraben. Am Trauermarsch für Gerda Taro sollen etwa 100.000 Menschen teilgenommen haben. Unter ihnen Henri Cartier-Bresson, Tristan Tzara, Louis Aragon, Pablo Neruda, Anna Seghers, Egon Erwin Kisch und Robert Capa selbst.

All das, was jenseits dieser biografischen Daten liegt, dokumentiert jetzt en detail ein opulenter Band, der im Marburger Jonas Verlag erschienen ist. Erst lange Jahre nach ihrem Tod wurde das Werk Taros durch zwei Ausstellungen in New York und Stuttgart wiederentdeckt – die Bucherscheinung kommt nun zur richtigen Zeit.

Was Taros Werk neuartig macht: Taro war die erste Fotoreporterin, die auch an der Front fotografierte. Auch das arbeitet die Verfasserin Irme Schaber in ihren präzisen Texten sehr deutlich heraus. Zuvor hatte sie die Ausbildung der anarchistischen Milizen dokumentiert – ihre Arbeit als Fotografin sah sie von Anfang an als Instrument im Kampf gegen den Faschismus.

Taro scheute sich nicht, dorthin zu gehen, wo es gefährlich war – oft auch ohne ihren Verlobten Robert Capa, der 1954 in Vietnam durch eine Minenexplosion sterben sollte. Immer wieder besuchte sie die verschiedenen Fronten des Bürgerkriegs, immer wieder die umkämpfte Hauptstadt Madrid. Im Mittelpunkt ihres Werkes stand aber nicht so sehr das Militärische, sondern der Mensch als Einzelwesen, als Subjekt. In den vergangenen Jahren wurden mehrere Tausend Negative Gerda Taros unter anderem in Mexiko City gefunden, die derzeit im New Yorker „International Center of Photography“ ausgewertet werden.

Imre Schaber – die bereits im Jahr 1994 eine Biografie Taros vorgelegt und im Jahr 2007 eine Ausstellung in New York mitkuratiert hat – deutet an, dass die Funde der vergangenen Jahre den Blick auf Gerda Taro verändern werden. Eine Neubewertung zieht Schaber schon in diesem Band. Ihr Fazit: Taros fotografischer Blick ist originär und originell – formuliert eine Nähe zum Subjekt, die sich der Anteilnahme nicht verweigert.

Taro und Capa wurden zum Modell einer authentischen Kriegsfotografie – bis heute. Zu lange wurde ihr fotografisches Erbe vernachlässigt, mehr noch: Immer wieder wurden Bilder Taros Capa zugeschrieben oder in späteren Jahren willentlich umgewidmet, denn anders waren sie nicht mehr zu verkaufen. Auch das gehört zu der lange vergessenen Geschichte der schönen Fotoreporterin Gerda Taro.

22.09.2013

Marc Peschke
Irme Schaber. Gerda Taro, Fotoreporterin. Mit Robert Capa im Spanischen BĂĽrgerkrieg. Die Biografie. 256 S., 170 Abb., 21 x 27 cm, Gb. Jonas Verlag, Marburg 2012. EUR 30,00
ISBN 978-3-89445-466-1
 
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