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Der Memorialgedanke und das Spektrum seiner Funktionen in der Bildenden Kunst des Mittelalters

Bekanntlich gab es im Mittelalter so gut wie keine "autonome" Kunst, insofern sie stets an bestimmt Funktionen gebunden war. An Memorialbildern können Funktionen von "Kunst" im Mittelalter besonders gut gezeigt werden, wenn die meist zahlreichen Quellen genutzt werden.
Die Historikerin und Kunsthistorikerin Caroline Horch koordinierte und integrierte in ihrer Nimwegener Dissertation historische und kunsthistorische Ansätze: "Die ganze Dimension der Aussagemöglichkeiten der Memorialbilder kann nur dann erfasst werden,wenn man sich auf den Versuch einläßt, die Bildwerke wieder in das Geflecht der historischen, religiösen, politischen und künstlerischen Beziehungen ‘einzuweben’, in dem sie entstanden sind und ihren Platz hatten." Aufgrund dieser Methode, die Kunstgeschichte als Geschichtswissenschaft versteht, konnte Horch zahlreiche Vorschläge zur Lösung bis dato offener Fragen, u.a. Datierungsfragen, machen. Vor allem wird deutlich, dass Form, Funktion und Inhalt von Memorialbildern in einem sich ständig verändernden Verhältnis zueinander standen.
Das Memorialwesen war im Mittelalter mehr als das, was heute unter Totengedächtnis verstanden wird: es umfasste eine Vielzahl von (unter anderem sozial-caritativen) Verpflichtungen, welche die Stifter für die Zukunft in Gang setzten. Neben liturgischem Gedenken einer Gebetsbruderschaft durch Fürbitten mit Namensrezitation sowie Armenspeisung umfasste Memoria auch die Vergegenwärtigung des Verstorbenen sowie den praktischen Umgang mit Bildwerken. Ein Memorialbild vermochte aber weitaus mehr zu leisten als nur die Vergegenwärtigung des Verstorbenen. Die Gemeinschaft der Lebenden und der Toten war eine Gemeinschaft auf Gegenseitigkeit, und die Verpflichtung zur Memoria war integrativer Bestandteil des Lebens.
Nach der ausführlichen Betrachtung der historischen Grundlagen der Memoria untersucht Horch fünf teils sehr bekannte Bildwerke: Das Miniatur-Bild Bischof Ottos von Bamberg, den "Cappenberger Kopf", die Naumburger Stifterfiguren und das Bildnis Herzog Rudolfs IV. von Österreich. Am (ehemaligen) Bild Bischof Gebhards II. (+995) zeigt Horch, dass es entbehrlich wurde, nachdem Gebhard heiliggesprochen worden war, denn nun bedurfte er nicht mehr der Memoria.
vdr
Horch, Caroline: Der Memorialgedanke und das Spektrum seiner Funktionen im Mittelalter. 2001. 320 S., 70 Abb. - 24,5 x 17 cm. Pp DM 68,-
ISBN 3-7845-7550-1   [Langewiesche - Königstein]
 
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