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Carl Larsson. Ein schwedisches Märchen

Wer kennt sie nicht, die heiteren, farbenfrohen Aquarelle des schwedischen Malers Carl Larsson (1853—1919) von seinem glücklichen Familienleben im schönen, selbstgestalteten Heim, seinem “Haus in der Sonne“ in Sundborn — Bilder, die ihm schon zu seinen Lebzeiten zu einer beispiellosen Popularität verhalfen. Er wollte “nützlich sein und Freude bereiten — aber nicht für einen, sondern für alle“. Als Künstler, der sich begeistert für die bäuerliche Kultur und Volkskunst Schwedens einsetzte, sah er seine soziale Aufgabe darin, das Volk zu erziehen und seinen Geschmack zu reformieren. Um das einfache Publikum zu erreichen, veröffentlichte er seine Aquarell-Serien vom Alltagsleben seiner Familie und von seinem Zuhause in fünf Alben, eine Art visueller Tagebücher, mit der Absicht, als “Vorbild dienen zu können“ denen, die “das Bedürfnis haben, ihr Heim in netter Weise einzurichten.“

Der Erfolg gab ihm, auch in Deutschland, in einem Maße Recht, dass man geneigt ist, die “bewegende Geschichte“, Legende oder nicht, zu glauben, nach der viele deutsche Landser während des Ersten Weltkrieg‘s im Tornister neben der Bibel auch das 1909 erschienene “Haus in der Sonne“ mitführten.

Angesichts einer wahren Flut von Büchern und Bildreproduktionen stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit weiterer Publikationen. Die beiden vorliegenden Bände haben durchaus ihre Berechtigung. Denn sowohl der Katalog einer Münchner Ausstellung im Winter 2005/06 als auch die inzwischen 3., durchgesehene und verbesserte Auflage des Bild-Text-Bandes aus dem Verlag Langewiesche stellen nicht nur den hinlänglich bekannten Maler seines eigenen Glücks, sondern den “ganzen Larsson“ vor: den hervorragenden Zeichner und Illustrator, den Karikaturisten, den Freilichtmaler der 1880er Jahre in Frankreich, den Schöpfer großformatiger Wandgemälde und den Aquarellisten, der seit den 1890er Jahren seinen unverkennbaren linearen Stil entwickelte und, angeregt durch die Kunst des japanischen Holzschnitts, überraschende, dynamische Bildkompositionen schuf. Gleichzeitig distanzierte Larsson sich zunehmend vom “gefährlichen französischen Einfluss“ sowie von den modernen Kunstströmungen überhaupt und vertrat, oft mit reaktionärem und missionarischem Eifer, konservative Ideale und Tugenden, sehr zum Ärger seines Jugendfreundes August Strindberg, der ihm Unaufrichtigkeit vorwarf.
Ausstellungskatalog und Monographie geben einen Überblick über Leben und Werk und bemühen sich, gestützt auf autobiographische Schriften und Briefe sowie zeitgenössische Quellen um ein gerechtes Bild vom Menschen und Künstler Carl Larsson. Sie gehen, mit unterschiedlicher Gewichtung, ein auf seine künstlerische Leistung, auf die Besonderheit und Vorbildfunktion seines Künstlerheimes für Schweden und Teile Europas bis in die Gegenwart und auf den wesentlichen kreativen Anteil seiner Frau Karin, einer ausgebildeten Malerin, an den Entwürfen und der Zusammenstellung von Möbeln, Textilien, Farbgebung und sogar Kleidung für das Gesamtkunstwerk ihres Heimes.
Der Ausstellungskatalog bietet anhand von 123 farbig, meist ganzseitig und in thematischer Ordnung wiedergegebenen Aquarellen, Gemälden und Zeichnungen einen guten Querschnitt durch Larssons gesamtes Schaffen einschließlich seiner Kinderzeichnungen. Zusätzliche Reproduktionen und zeitgenössische Fotografien sind im Textteil eingefügt, in dem u.a. schwedische Kunsthistoriker sehr informativ einführen in Biographie und künstlerische Entwicklung Larssons, in die kulturelle, wirtschaftliche und soziale Situation Schwedens vor und nach der Jahrhundertwende und die Entwicklung des schwedischen Einrichtungsstils unter dem Einfluss des Künstlerheimes in Sundborn verfolgen. Auch Karins Leistung als hochbegabte, innovative Designerin wird gewürdigt. Zwei der Beiträge wurden bereits im Katalog der Stockholmer Ausstellung 1992 (dt. Ausg. im Verlag Langewiesche) veröffentlicht. Der Beitrag über Larssons Beziehung zu München und seine Erfolge in Deutschland hat eher beiläufige Bedeutung. Sein nützlicher Anhang mit ausführlicher Zeittafel, Stammtafel der Larssons, Auswahlbibliographie und Register erhöhen den Gebrauchswert des ansehnlichen, informativen Bildbandes und Sachbuchs.

Der nicht minder ansprechend aufgemachte Bild-Text-Band von Langewiesche zeichnet sich aus durch eine immense Fülle von Abbildungen, nach Themen geordnet, zur Hälfte farbig, unterschiedlich in Format und Farbqualität, z.T. leicht gelbstichig im Vergleich mit den etwas dunkleren, eher blaustichigen Abbildungen des Münchner Kataloges. Das umfangreiche Bildmaterial vermittelt einen gründlichen Einblick in das Gesamtwerk des Künstlers. Das Schwergewicht liegt auf den ‚typischen‘ Larsson-Bildern, „... während seine Entwicklung dorthin sowie seine ständigen, anders gerichteten Versuche nur andeutungsweise vertreten sind.“ Eingefügt in den Bildteil sind ausführliche Zitate aus Larssons Schriften. Die Textbeiträge, z.T. ebenfalls von schwedischen Fachleuten, unterscheiden sich in Themenwahl, Akzentsetzung und Fragestellung vom Münchner Katalog — und in ihrer (übersetzungsbedingten?) etwas umständlichen Diktion. Dem unbekannten Larsson, dem labilen, empfindlichen, in sich zerrissenen, depressiven Künstler, der sich erst in seiner kurz vor seinem Tod beendeten, erst 1931 erschienenem Autobiographie “Ich“ offenbart, gilt das besondere Augenmerk der Autoren, ebenso dem Konflikt mit Strindberg und den in neuerer Zeit wiederholten Vorwürfen, die Larssons hätten ihr Familienglück nur inszeniert.

Der ebenfalls mit einer ausführlichen Zeittafel ausgestattete Band – die Literaturangaben beschränken sich auf die Publikationen des Verlages — ist als Album angelegt, das besonders zum Anschauen, Blättern und “Schmökern“ verlockt und “viel Larsson“ bietet. Wer eine erste Einführung in Leben, Werk und Wirkung Larssons vor dem Hintergrund seiner Zeit sucht, ist mit dem Münchner Katalog gut bedient.

Christa Chatrath
Carl Larsson. Ein schwedisches Märchen. Katalogbuch. Hrsg.: Hohenzollern, Johann G von. 240 S., 230 fb.Abb. 29 x 23 cm. Gb Hirmer, München 2005. EUR 34,50
ISBN 3-7774-2765-9
Carl Larssons Welt. Beitr. v. Cavalli-Björkman, Görel /Lindwall, Bo /Köster, Hans C. Hrsg.:Köster, Hans C. aktualis. Aufl. 2004. 192 S., 410 meist fb. Abb, 28 cm. Gb.Langewiesche, Königstein 2003. EUR 29,80
Ab 2. Mai 14.95 EUR 14,95
ISBN 3-7845-2708-6   [Langewiesche - Königstein]
 
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