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Die gotischen Wandmalereien in der Oberpfalz

Von A wie Adlersberg bis Z wie Zinzendorf reicht Gerald Doblers Publikation über "Die gotischen Wandmalereien in der Oberpfalz". Mehrheitlich entstammen die architekturgebundenen, nur in Resten erhaltenen Darstellungen dem 15. und 16. Jahrhundert. Der Untersuchungsraum ist das Gebiet des heutigen Regierungsbezirks Oberpfalz, wobei Dobler das Oberzentrum Regensburg mit seinem reichen Malereibestand aus spätgotischer Zeit bewusst ausklammert. Zwar stellt er in einem knappen Exkurs alle Gebäude mit Wandbildern in der ehemaligen Freien Reichsstadt zusammen, doch beschränkt er sich auf die Aufzählung, nicht ohne deren Bedeutung und Qualität hervorzuheben, um somit auf das Desiderat in der Erforschung besonders eindringlich aufmerksam zu machen. Die überwältigende Mehrzahl der oberpfälzischen Wandmalereien befindet sich in Pfarrkirchen, Kapellen, Klosterkirchen und -gebäuden, und das Geschilderte entstammt vorwiegend dem Themenkreis des Neuen Testaments. Lediglich drei Zyklen profanen Inhalts sind bekannt, in der Alten Veste zu Amberg, im Palas der Burg zu Wolfsegg und die Stadtansicht im Chamer Rathaus. Der Autor behandelt in dem sich an seine kunsthistorischen und restauratorischen Ausführungen anschließenden alphabetischen Katalogteil alle Denkmäler ausführlich. Das Erhaltene wird detailliert beschrieben, das Bildprogramm erläutert und schließlich die Datierung diskutiert. In der jeweils abschließenden Sequenz, vom Autor "Würdigung" genannt, nimmt er eine Bewertung des Objekts vor. Sein Verdienst liegt in der Bestandsaufnahme des Zustands der Malereien und ihrer Situierung im Bauverband mittels der selbst angefertigten Umzeichnungen. Diese qualitätvollen Risse, die in den einzelnen Kapiteln und auf 11 Planbeilagen abgedruckt sind, machen die teilweise sehr fragmentierten Darstellungen für den Betrachter oft erst erfassbar. In einem informativen Kapitel über Arbeitsweisen erfährt der Leser, dass nur an zwei Orten die reine Fresko-Technik zur Anwendung kam, in Donaustauf und Roith von jeweils zugewanderten Künstlern aus Oberitalien und Böhmen, wohingegen von den einheimischen Kräften eine Mischtechnik aus Fresko- und Secco-Malerei bevorzugt wurde. Donaustauf, wenige Kilometer donauabwärts von Regensburg gelegen, liefert mit seinen Szenen aus dem Leben Jesu in St. Salvator zugleich das avantgardistischste Werk der Region. Doblers Äußerungen zur Stilentwicklung der Wandmalerei in der Oberpfalz und seinen Überlegungen zu deren Einbettung in einen kunsthistorischen Kontext, die dem Katalog der Denkmäler vorausgehen, könnte der Leser leichter nachvollziehen, wären den einzelnen Beispielen Abbildungsverweise beigegeben worden. Befremdlich wirkt Doblers Verwendung der wissenschaftlich veralteten Begrifflichkeit des "harten" Stils für die beginnende realistische Malerei im zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts, mit der er in Abgrenzung zum geläufigen und häufig gebrauchten Terminus des Weichen Stils für die Kunst der vorangegangenen Epoche mit ihren üppigen und fließenden Gewandfaltenkonfigurationen operiert. Bedauerlich ist, dass der umfassenden Untersuchung mit ihren mühevoll zusammengetragenen Ergebnissen und den aufwändigen und arbeitsintensiven Dokumentationen durch Wortwiederholungen und eine holprig anmutende Sprache besonders in den Einführungskapiteln der Charakter einer der Veröffentlichung nicht angepassten universitären Abschlussarbeit anhaftet. Der Autor urteilt in seinem Schlusswort, dass die Arbeit dann ihr Ziel erreicht, wenn sie die Aufmerksamkeit des Fachpublikums und der Interessierten auf die Oberpfälzer Wandmalerei lenken kann. So gesehen, ist das Buch über der Ziellinie.
Annette Scherer
Dobler, Gerald: Die gotischen Wandmalereien in der Oberpfalz. 432 S., 150 Abb., dav. 100 fb. 48 S. LiS Schnell & Steiner, Regensburg 2002. EUR 126,-
ISBN 3-7954-1317-6   [Schnell & Steiner]
 
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