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Caesaren und Gladiatoren

Wer kennt sie nicht, die berühmten antiken Wettkampfstätten: das Colosseum in Rom, das 45 000 Besuchern Raum bot, den Circus Maximus, der über 25 000 Plätze verfügte, oder das Amphitheater in Pompeji, das als das älteste Gebäude für Gladiatorenspiele gilt. Diese schrieben Geschichte für menschenverachtende Zweikämpfe, waghalsige Pferderennen und imperiale Großmachtslaunen. Die gigantischen Spiele um Leben und Tod wurden Mittel der Politik "panem et circenses" - Brot und Spiele - Gütezeichen der antiken Unterhaltungsindustrie.
Diesem Thema - das übrigens von K.-W. Weeber brilliant in seinem gleichlautenden Buch behandelt wurde - ("Panem et circenses: Massenunterhaltung als Politik im antiken Rom. Ph. v. Zabern, Main 1994) - wurde im Jahre 2000 eine Ausstellung gewidmet, die in Hamburg und Speyer zu sehen war und Leihgaben aus zahlreichen Museen der Welt präsentierte. Das vorliegende Begleitbuch der Ausstellung bietet neben einer fototechnisch gelungenen Wiedergabe der Exponate eine umfassende, illustrativ unterlegte Erläuterung zu den historisch-politischen Sachverhalten mit gekonnten, z. T. verblüffenden Seitenblicken auf Parallelen in der Gegenwart.
In sechs Sachkapiteln wird der Leser sowohl über die historischen Tendenzen der römischen Unterhaltungspolitik informiert als auch über deren spezielle Ergebnisse und weitreichende Folgen. Er erfährt die mythischen Hintergründe, Einflüsse griechischer Theaterkunst, den Beginn der Gladiatorenkämpfe (der erste fand 264 v. Chr. statt) und deren zunehmende Institutionalisierung als Ausdruck aristokratischer Machtpräsens. Letztere, bereits in der römischen Republik begonnen, erlebte in der Kaiserzeit ihre Vollendung, wovon die zahlreichen Bauten der Theater, Arenen, aber auch die Relief- und Mosaikenkunst sowie Bildhauerei zeugen. (Zur Ergänzung: Ramage, Nancy H. u. Andrew Ramage: Römische Kunst. Köln, Könemann 1999).
Die für Rom typische Unterhaltungsform des Kampfsports als Gladiatorenspiele, Wettkämpfe und Tierhetzen wird entsprechend ihrem politischen Stellenwert breit behandelt. Im Blickpunkt stehen dabei die Ausrüstung und die Methoden der Ausbildung zum Gladiator. Die sorgfältig zusammengetragenen Originale in Form von Gegenständen (Helme, Bein- und Armschienen, Gesichtsschutz, Schilde, jeweils mit kunstvoller Ausschmückung) und Abbildungen (darunter auch originäre Graffiti), ergänzt um Rekonstruktionen aus dem Rheinischen Landesmuseum Trier, erlauben einen detailierten Einblick in das soziale Umfeld dieser Helden der Amphitheater.
Weitere Kapitel sind den griechischen Athleten in Rom, den Boxern, Ringern und Pankraten, gewidmet, dem Theater und seinen Akteuren sowie den berühmten Wagenrennen. Bezeichnenderweise wurde das diesbetreffende Kapitel "Mit Ben Hur am Start" überschrieben und zeigt neben Statuen und Darstellungen auf Lampen, Grabplatten und Reliefs auch Szenen aus dem Monumentalfilm "Ben Hur".
Das letzte Kapitel, überschrieben: "Das süße Brot der Helden", ist eine kritische Reflexion antiken und modernen Sportgeschehens. "Doping" erfahren wir, ist ein antikes "Vermächtnis", ebenso wie die Devise "letztlich zählt nur der Sieg".
Man muss den Initiatoren der Ausstellung und den Gestaltern des vorliegenden Buches für die Bearbeitung dieses historisch wie aktuell gleichermaßen attraktiven und kulturpolitisch nachdenklich stimmenden Themas höchste Anerkennung aussprechen. Und da dieser Inhalt in einem visuell gelungenen Gewand angeboten wird, zumal mit ergänzenden Karten, Zeittafeln, Glossar und Literaturverzeichnis, wird es mit Sicherheit zahlreiche neugierige Interessenten finden.
Gisela Ewert
Gladiatoren und Caesaren. Die Macht der Unterhaltung im antiken Rom. Beitr. v. Albers, Volker; Ewigleben, Cornelia; Junkelmann, Marcus; Köhne, Eckart; Stroh, Wilfried. 2000. 160 S., 124 fb. u. 19 schw.-w. Abb.. (Kat.-Handb.) Br DM 48,- fPr/ATS 350,-/CHF 44,50
ISBN 3-8053-2643-2
 
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