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Deutschland und Italien in ihren wechselseitigen Beziehungen während der Renaissance

Der Band "Deutschland und Italien in ihren wechselseitigen Beziehungen während der Renaissance" ist nicht der Bemühung entsprungen, den Kultur-Austausch beider Länder in möglichst vollständiger Weise zusammenzustellen. Stattdessen veröffentlicht er in der Reihe der "Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung" dreizehn inzwischen überarbeitete Vorträge des "Wolfenbütteler Arbeitsgesprächs" vom September 1998. Von der Feststellung ausgehend, dass die Beziehungen zwischen Italien und Deutschland für die Zeit der fortgeschrittenen Renaissance von der Forschung bislang nur ungenügend ausgelotet seien, stellte die Tagung Einblicksschneisen zu Kunst, Literatur und Musik vor kulturellem, institutionellem und auch wirtschaftlichem Hintergrund zusammen. Insbesondere die Kurzfassungen der einzelnen Beiträge im Vorwort des Herausgebers Bodo Guthmüller ermöglichen dem interessierten Leser Kurzorientierung je nach Interessenlage. Die wissenschaftlichen Analysen sind ergänzt durch Schwarzweißbilder sowie ein Personenregister und werden insgesamt doch eher bei Spezialisten aus den einzelnen Fachbereichen Anklang finden.
Schon im ersten Essay über den Kulturtransfer während des Humanismus zwischen Venedig und dem Deutschen Reich postuliert Bernd Roeck nicht nur die Abhängigkeit von wirtschaftlichen Umständen wie etwa dem Niedergang der mittelmeerischen Wirtschaft, sondern auch den vor allem auf das Reich ausgerichteten Austausch, der kaum auf Wechselseitigkeit beruhte. Ebenfalls einen Kulturtransfer nach Norden stellt Barbara Marx dar, wenn sie die Dominanz des "stile fiorentino"in Skulptur und Kunsthandwerk auch an der Dresdner Residenz der sächsischen Kurfürsten hinterfragt und feststellt, dass Voraussetzung hierfür ein Ausbildungsmonopol in der Florentiner Produktion unter der fürstlichen Protektion der Medici war.
Neue fürstliche Repräsentationsformen schildert Andreas Tönnesmann, wenn Auftraggeber von Renaissancearchitekturen in Deutschland, wie Jakob Fugger, Herzog Ludwig X. von Bayern und Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen italienische bzw. franz ösische "vorbildhafte Modelle" übernahmen. Auch Thomas Eser geht Italianismen nach, allerdings in der deutschen Skulptur zwischen 1500 und 1550. Währenddessen hebt Anne-Marie Bonnet auf die Fähigkeit Dürers ab, aus der Verarbeitung der italienischen Einflüsse eine eigenständige und ebenbürtige Konzeption eines "natürlichen Aktes von deutscher Schönheit" zu entwickeln. Die Literatur wird durch Essays verschiedener Autoren beleuchtet: Jacqueline Glomski etwa zeigt auf, dass der Lateinunterricht in Krakau im früher 16. Jahrhundert über den Umweg über Deutschland von italienischer neulateinischer Literatur beeinflußt ist. Manfred Lentzen vergleicht die Ehetraktate von Francesco Barbaro und Albrecht von Eyb auf ihre Zweckbestimmung und stellt fest, dass der deutschen, christlich-moralischen Ehekonstruktion eine italienische, machtpolitisch orientierte entgegensteht. Klaus Heitmann stellt Macchiavelli als den italienischen Autor dar, der das "einzige aus der Renaissance überkommene positive Deutschenbild" transportierte. Zwei weitere Beiträge befassen sich mit dem "Decamerone" und Sebastian Brants "Narrenschiff" (Joachim Theisen) sowie der Wirkung von Ariosts "Orlando Furioso" (Achim Aurnhammer). Schließlich ergänzen diese Sammlung drei musikgeschichtliche Essays (Alfred Noe, Martin Staehelin, Laurenz Lütteken), wobei auch hier die den Band bestimmende Vorstellung von der Überlegenheit der italienischen Hervorbringungen hinterfragt wird.
Annegret Winter
Deutschland und Italien in ihren wechselseitigen Beziehungen während der Renaissance. Hrsg. v. Guthmüller, Bodo. 2000. 400 S., 32 Abb. - 17 x 24 cm. (Wolfenb. Abh. z. Renaissanceforsch. 19) Gb DEM ca 168,-
ISBN 3-447-04403-9
 
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