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Die Leidenschaft des Königs – Ludwig I. und die Kunst

Insgesamt neunzehn Mal ist Ludwig I., König von Bayern, nach Rom gereist. Keine Geringere als Angelika Kauffmann hat den 21jährigen gemalt, und zwar als Hinweis auf die Zugewandtheit des jungen Wittelsbachers zur Antike mit dem sogenannten Krater Medici auf der einen Seite und dem Schaft einer ionischen Säule auf der anderen: eines der letzten Bilder, die die sterbenskranke Porträtistin der damaligen großen Welt schuf. Man kann das "Porträt Ludwig von Bayern als Kur- und Kronprinz in der Tracht des Ritterordens vom heiligen Hubertus" heute in der Neuen Pinakothek betrachten.
Der Großvater des "Kini" Ludwig II. und Liebhaber der Lola Montez bzw. Gräfin von Landsfeld hatte sich im Alter von 18 Jahren in Venedig der Kunst verschrieben. Dort hatte er nämlich die Figur der Hebe von Antonio Canova kennengelernt, das Schönste, was er bisher gesehen hatte, wie er es in seinem Tagebuch getreulich notiert. Die zarte Mädchenfigur erweckte in ihm jedoch mehr als nur die große Liebe zur Kunst, sondern eine tiefe Bedürftigkeit danach: Die Kunst sei ihm "Lebensluft", hat Ludwig immer gesagt. Zeit seines Lebens gab er die Hälfte seiner privaten Einnahmen für die Kunst aus, ihm verdankt München die Alte und die Neue Pinakothek, die Glyptothek und vieles andere mehr.
Am 1. Januar 1806 wird Bayern zum Königreich erhoben, und der am 25. August 1786 geborene Ludwig wird Kronprinz; seit diesem Jahr sammelt er systematisch und wird dabei von Johann Georg von Dillis, Bertel Thorvaldsen, Antonio Canova und Johann Martin von Wagner unterstützt und beraten. Letzterem verdankt die Glyptothek unter anderem den Erwerb des sensationellen Barberinischen Fauns.
Eine Reise nach Paris zu Napoleon und der Besuch des Louvre erweitert Ludwigs Kunstverständnis und versöhnt ihn ein Stück weit mit den Franzosen, gegen die er kindheitsbedingt eine starke Aversion hegte: Seine Kinderjahre standen immerhin unter dem Eindruck der französischen Revolution, und wiederholt hatte die Familie vor französischen Truppen fliehen müssen. Aber der Louvre und die französische Art der Kunstpräsentation beeindruckt ihn tief. So wurde er durch die zarte Hebe und den prächtigen Louvre zum bedeutendsten Kunstmäzen, Bauherrn und Kunstsammler seiner Zeit, ja schuf ein bayrisches "Kunstkönigtum", wie Hannelore Putz betont. An seiner Seite war der Baumeister Leo von Klenze, der u.a. die Glyptothek entwarf, ein Museum, das ausschließlich und gezielt der antiken Kunst gewidmet sein sollte. Die Neue Pinakothek - mit Außenfresken von Wilhelm von Kaulbach - hingegen sollte der zeitgenössischen Kunst gewidmet sein und Werke der Künstler, die in München arbeiteten, zeigen, eine Wertschätzung, die Künstler selten erleben.
Die Historikerin Hannelore Putz versteht es, die Atmosphäre rund um den kunstliebenden König einzufangen und zeichnet ein profundes Bild des bayrischen Kunstbetriebs der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. München übte eine große Anziehungskraft auf bildende Künstler und Studierende aus ganz Europa aus, reges gesellschaftliches Leben fand in Salons und Ateliers statt und fachlicher Austausch in Künstlervereinigungen. München wurde zur Kunstmetropole. Da konnten kritische Stimmen jedoch nicht fehlen, denn Ludwig, der praktisch 50 Jahre lang den gesamten bayrischen Kunstbetrieb finanzierte, griff allzu sehr in künstlerische Prozesse ein. Ein zweiter Kunstförderer neben ihm wäre nicht vorstellbar bzw. geduldet gewesen. Dass manchem Künstler der dominante königliche Einfluss nicht behagte, lag auf der Hand. Oft kam es sogar zu Konflikten mit Leo von Klenze und dem Maler Peter von Cornelius, da Ludwig keinen Zweifel an seiner Fachkompetenz in Sachen Kunst zuließ. Aber feststeht, dass die Impulse, die Ludwig I. gab, weit über ihn hinausreichten und den freien Kunstmarkt, der im Anschluss florierte, erst möglich machten.
Daniela Maria Ziegler
Die Leidenschaft des Königs. Ludwig I. und die Kunst. Putz, Hannelore. 224 S. 40 Abb. 22 x 14 cm. Gb. C.H. Beck, München 2014 EUR 24,95. CHF 37,90
ISBN 978-3-406-67015-2   [C. H. Beck]
 
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