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Bild, Grab und Wort. Untersuchungen zu Jenseitsvorstellungen von Christen des 3. und 4. Jahrhunderts

In ihrem Werk „Bild, Grab und Wort. Untersuchungen zu Jenseitsvorstellungen von Christen des 3. und 4. Jahrhunderts untersucht die Professorin für Christliche Archäologie Jutta Dresken-Weiland im Zuge eines Auftrags der Deutschen Forschungsgemeinschaft die Bedeutung von Bildern in und an frühchristlichen Gräbern im 3. Und 4. Jahrhundert n. Chr. Zu diesem Zweck werden die zehn häufigsten Bildthemen aus dem Alten und Neuen Testament sowie aus den Apokryphen untersucht, die aufgrund der Häufigkeit ihrer Darstellung für die Christen offenbar von hoher Bedeutung gewesen waren und die Hoffnung auf das Weiterleben nach dem Tode und die Auferstehung ausdrücken sollten.

In den Bildszenen des Jonas, der Petrus-Christus-Hahn-Szene, die Brotvermehrung, die Auferweckung des Lazarus, Daniel in der Löwengrube und die Heilungen des Blinden und Gelähmten, die drei Jünglinge im Feuerofen sowie das Opfer Abrahams lassen sich, anders als bisher angenommen, so die Autorin, häufig Einflüsse theologischer Reflexion feststellen, während sich für die Darstellungen des Sündenfalls und der Geschichte Noachs in der Arche ein solcher Schwerpunkt nicht nachweisen lässt. Hier könnte einzig die Freude am Erzählen einer spektakulären Geschichte im Vordergrund gestanden haben.

Da die von Dresken-Weiland untersuchten Inschriften und Aussagen zum Leben nach dem Tod meist im Allgemeinen bleiben und die Auferstehung nur selten Erwähnung findet, geht die Autorin davon aus, dass die Bilder christlicher Jenseitshoffnung und Überwindung des Todes sich sowohl an den dort Bestatteten als auch an die Hinterbliebenen als konkrete Botschaft richteten.

Während Sarkophage, wie ihre Inschriften belegen, vornehmlich von Mitgliedern der Oberschicht in Auftrag gegeben wurden und man Bilder aus dem Neuen Testament bevorzugte, beschränkte sich die „Mittelschicht", denen mehrheitlich nur die Bestattung ihrer Toten in den Katakomben vorbehalten war, auf Malereien mit Szenen aus dem Alten Testament.

Werden bis in die Mitte des 4. Jahrhunderts in den Katakomben traditionelle Bildthemen wie Hirten und das antike Festmahl häufig dargestellt, taucht auf den christlichen Sarkophagen ab 300 n. Chr. der Hirte in Kombination mit christlichen Themen nur noch selten auf und die zuvor noch hier und da auftretenden Festmahldarstellungen verschwinden ganz. Es entsteht eine neue Bilderwelt, die sich auf Szenen aus dem Neuen Testament konzentriert.

Angeregt durch theologische Reflexion, wurden andere Bilder für den Ausdruck von Jenseitsvorstellungen gefunden, wie z. B. die von zwei Begleitern flankierte Orans.
In der Gegenüberstellung von Bildanalyse und Grabinschriften zeigt die Autorin, dass das Bild die Seele des oder der Verstorbenen in einem vorläufigen Zustand zwischen Tod und endgültiger Gemeinschaft mit Gott abbildet, begleitet und beschützt von Aposteln oder Heiligen. Eine weitere Neuschöpfung für Sarkophage ist die Gefangenführung und das Quellwunder des Petrus, die von Dresken-Weiland als Hinwendung von Mitgliedern der Oberschicht zum Christentum gedeutet werden und Ausdruck ihres Selbstverständnisses und Anspruchs auf Zugehörigkeit zur kirchlichen Elite sein dürften. Von der Darstellung des Petrus erhoffte sich die Oberschicht dessen Schutz und Hilfe im Jenseits.

Seit dem zweiten Drittel des 4. Jahrhunderts werden innerhalb der Gruppe der Sarkophage Jonas-Szenen, die Jünglinge im Feuerofen, der Sündenfall, Noach in der Arche und die Auferweckung des Lazarus seltener. Sie werden abgelöst von Darstellungen der Auferweckung des Lazarus sowie dem um 330 geschaffenen Bild des Tropaion, eine Siegesdarstellung, die sich auf den Sieg Christi über den Tod und seine Auferstehung bezieht. Dieser ikonographische Austausch des Wundertäters durch den Herrscher entspricht der historischen Entwicklung, bzw. geht einher mit der Ausbreitung des Christentums unter einem christlichen Kaiser. Daneben treten auf den Sarkophagen Bildthemen auf, die von der monumentalen Kirchendekoration übernommen sind. Um diese neue Bildersprache zu schaffen, müssen die Auftraggeber der Sarkophage, schließt die Autorin, intellektuell einer Avantgarde angehört haben und mit dem Christentum gut vertraut gewesen sein. Die Malereien in den Katakomben vollzogen in diesem Zeitraum keine wesentlichen thematischen Veränderungen, hier hielt man an den bewährten Bildthemen fest.

Für die Fachwelt dürfte die Arbeit „Bild, Grab und Wort“ von Jutta Dresken-Weiland von großer Bedeutung sein. Ein Laie hingegen wird sich nicht nur an den dürftigen Abbildungen reiben, die der Fachwelt vermutlich vertraut sind, sondern auch an fehlenden Übersetzungen zahlreicher Zitate. Bleibt am Ende die Hoffnung, dass diese wissenschaftliche Kärrner-Arbeit auf indirektem Wege dem interessierten Laien zur Kenntnis gelangt.
Gabriele Klempert
Dresken-Weiland, Jutta. Bild, Grab und Wort. Untersuchungen zu Jenseitsvorstellungen von Christen des 3. und 4. Jahrhunderts. 356 S. 135 sw. Abb. 24 x 17 cm. Gb. Schnell & Steiner, Regensburg 2010. EUR 66,00. CHF 95,00
ISBN 978-3-7954-2407-7   [Schnell & Steiner]
 
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