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Spuren jüdischen Lebens im Neckar- Odenwald-Kreis

„Spuren jüdischen Lebens“ lautet der Titel des Bildbandes über die verbliebenen Relikte der jüdischen Bevölkerung im Neckar-Odenwald-Kreis. In der Tat sind es nur noch Spuren, und so beginnt der Autor konsequenterweise mit einem Kapitel über die Gedenkstätten und Gedenktafeln. Obwohl das Gedenken in Wort und Gestalt sehr unterschiedlich ausfällt, bleiben die verschiedenen Gedenksteine unkommentiert. In Mosbach spricht man von zwölf „unheilvollen Jahren“, in denen die Juden am Ende „abtransportiert“ wurden, und am Eingang des jüdischen Friedhofs befindet sich lediglich ein Stein mit der Aufschrift: „Zum Gedenken an die verstorbenen jüdischen Mitbürger der Stadt Mosbach“.

Andere Mahnmale drücken die Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft sensibler und damit auch klarer aus, wie im Erfatal-Museum in Hardheim oder in Buchen. Dort, im „Beginenklösterle“, befindet sich auch eine Bücherei des Judentums und die Hermann-Cohen-Akademie für Religion, Wissenschaft und Kunst.

Bevor im folgenden Kapitel mit vielen stimmungsvollen großformatigen Abbildungen die Friedhöfe und Grabsteine dargestellt werden, findet der Leser einige Erläuterungen über jüdische Zeichen und Symbole, die auf den Grabsteinen oder an manchen Häusern noch heute zu sehen sind. Warum man aber den Text von Seite 32 auf Seite 35 noch einmal wörtlich wiederholt, ist unverständlich. Im Anschluss folgt eine Reihe von Aufnahmen noch erhaltener Synagogen und Mikwen bzw. deren Reste. Leider werden nur wenige historische Aufnahmen und kein einziger Grundriss gezeigt, aus denen man die architektonischen Merkmale oder die nach dem Krieg erfolgten, zum Teil radikalen baulichen Veränderungen hätte nachvollziehen können, z. B. bei den ehemaligen Synagogen in Bödigheim und Merchingen sowie in Billigheim, wo die einstige Synagoge 1989 (!) einer Straßenverbreiterung weichen musste.

Sehr kurz geraten ist das Kapitel über die Mikwen, was zur missverständlichen Aussage führt, als nutze man stehendes Grundwasser: „Untertauchen in stehendem (Grundwasser)“. Richtig ist, dass „nach dem Gesetz jede Ansammlung von fließendem … Wasser als Ritualbad dienen kann, wobei das Wasser im Tauchbecken [selbst] nicht fließen, sondern stehen muss, es sei denn es ist fließendes Wasser, wie Quellwasser bzw. Grundwasser“(Thea Altaras:Synagogen und Tauchbäder in Hessen – Was geschah nach 1945“, S.34).

Am Ende des Buches finden schließlich noch einst berühmte jüdische Bürger eine ausführliche Würdigung. Auf die Würdigung „unserer Helden“, gelegentlich der Kriegerdenkmale in Merchingen und Mosbach hätte man verzichten können, auch wenn dort Nathan Kahn, als Soldat jüdischen Glaubens und Opfer eines in beiden Weltkriegen zu Rassismus und Mord führenden, missbrauchten Heldentums eine letzte Ehrung findet.

Dieser fotografisch hervorragend ausgestattete Bildband lässt viele Frage offen, dennoch ist es zu begrüßen, dass man im Neckar-Odenwald-Kreis sich dieser Thematik angenommen hat. Für eine neue Auflage wäre es hilfreich, den Inhalt um einige weiter- und tiefergehenden Informationen zu ergänzen.
12.6.2009
Susanne Holst
Lochmann, Reinhart /Landauer, Rudolf: Spuren jüdischen Lebens im Neckar- Odenwald-Kreis. Einl. v. Brötel, Achim. Ill. v. Landauer, Rudolf. Hrsg. v. Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis. 11.2008. 200 S. 28 x 20 cm. Gb, 'Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis, Mosbach 2008. EUR 19,90
ISBN 3-00-025363-7
 
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