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Wie Architektur sozial denken kann

Das Titelbild haben nicht wir auf den Kopf gestellt, auf den Kopf gestellt scheint die Architektur, die angeblich sozial denken kann. Der Titel ist ebenso verwirrend, wie der Buchumschlag. Aber dennoch lohnt sich ein Blick dahinter.

Im Zeichen der Abwanderung oder Stillegung industrieller Produktion stehen in vielen Ortskernen Fabrikhallen leer, an denen das Herz der Bevölkerung hängt, obwohl mit diesen Orten Arbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Niedergang verbunden wird. Nur wenige dieser einst ehrwürdigen und für die moderne Praxis scheinbar ungeeigneten Gebäude lassen sich zu Museen, Kulturtempel oder als Heimstätte neuer Wirtschaftszweige nutzen. Manche Gemeindepolitiker reißt sie unter großem Wehklagen zugunsten neuer Einkaufszentren oder moderner Wohnblocks nieder, nicht ahnend, welche Alternativen möglich wären.

Der vorliegende Tagungsband des Leipziger Symposiums der Stiftung Federkiel mit dem etwas nebulös formulierten Titel "Wie Architektur sozial denken kann" nimmt sich dieses Themas an und zeigt verschiedene Wege der Nutzung.
Der Band enthält 18 Referate und sieben Diskussionen, die sich anhand verschiedenster europäischer und außereuropäischer Beispiele mit der Frage beschäftigen, auf welche Weise sich Architektur im Bestand soziales Leben und Zeitgeschichte, Kommerz und Gemeinnutz, Kommunikation und Funktion miteinander verbindet und neue Lebensräume schafft. Auch die Fragen des Denkmalschutzes, der Stadtentwicklung und des Stadtmarketings nehmen einen großen Raum in den hier vorgestellten internationalen Projekten ein.

Auch wenn der eine oder andere Gedanke sich in verschiedenen Referaten wiederholt und nicht über wirklich Bahnbrechendes berichtet wird, sind die Tagungsbeiträge dennoch ein Gewinn für alle Städteplaner, Stadtentwickler, Architekten und auch für manchen Politiker, der sich mit den Problemen schrumpfender Städte und schwindender Kaufkraft herumschlagen muß.
So verwirrend wie der Titel des Buches ist, so verwirrend ist auch das Layout. Bis auf wenige gelungene großformatige Fotos schlägt sich der Leser mit häufig eingefärbten, milchig trüben Mini-Fotos am Ende der Beiträge herum. Noch fragwürdiger sind nach jedem Kapiteln eingefügte schwere Kartonseiten, dessen graphische Gestaltung auf völlig unsinnige Weise dem Leser klar machen soll, in welchem Abschnitt er sich befindet.
Anstatt in den Beiträgen Text und Bild miteinander zu verknüpfen, sodass der Leser nicht ständig blättern muß, tobt sich der Buchgestalter mit graphischem Schnickschnack aus, der die Herstellkosten des Buches unnötig in die Höhe getrieben haben dürfte.
Denoch: der Band sei allen Städteplanern auf den Schreibtisch gelegt.
Gabriele Klempert
Wie Architektur sozial denken kann. How Architecture can think socially. Von Babias, Marius /Hocquel, Wolfgang /Hutton, Louisa /Kühn, Johannes /Lütke Daldrup, Engelbert /Oswalt, Philipp /Sauerbruch, Matthias /Vassal, Jean P /Wolfs, Rein. Vorw. v. Motz, Frank. 310 S., 396 sw. u. 153 fb. Abb. 28 x 23 cm. Pb., Verlag für moderne Kunst, Nürnberg 2005. EUR 19,80
ISBN 3-936711-48-8
 
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