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Aquileia - Ein archäologischer Führer

Die kilometerlang-schmale Straße, 1933 gebaut, teilt die Lagune; in der Ferne blinken immer wieder winzige bewachsene Inseln wie grüne Farbtupfer im sonnenverspiegelten tiefblauen Wasser auf, Annäherung an Aquileia.
Dessen Patriarch nahm im 6. Jahrhundert den umgekehrten Weg in das sicherere Grado; die Langobarden waren unterwegs. Und einer seiner Nachfolger, Vertrauter des deutschen Kaisers, ließ um 1030 die im 4. Jahrhundert erbaute, nun erdbebenzerstörte Basilika Aquileias wieder aufbauen: Sie ist das unbestrittene Hauptthema dieses Buches, auch wegen ihrer qualitativ und thematisch herausragenden Bodenmosaiken. Wobei hier, wie überhaupt in diesem Buch, dem Leser Wertungen (noch heidnisch, bereits christlich oder beides) ohne die Diskussion fachwissenschaftlicher Details überlassen bleiben - sympathisch.
Das erst 2011 installierte Pfauenmosaik zeigt die Autoren, an dieser Stelle, auf dem neuesten Stand und die in der Krypta zu religiösen Motiven so dissonant scheinenden faszinierenden Wandmalereien kämpfender Krieger (um 1100) erfahren einen einsichtigen Erklärungsversuch. Die Suche nach dem vielleicht überlesenen Tempietto des Basilika-Erbauers (um 1070) wäre mit einem Namens- oder Stichwortverzeichnis weniger zeitaufwendig gewesen und trocken-akademische Bestandsbeschreibungen erweisen sich vor dem 2011 und 2012 wegen Bauarbeiten geschlossenen Paläochristlichen Museum als weniger informativ als im Archäologischen Nationalmuseum, wo ein gedruckter Führer fehlt.
Dort erschließt dieser Band dann dem Besucher mit dem Schwerpunkt Plastiken, Grabstelen, Mosaiken den bis in die Spätantike reichenden vielfältigen künstlerischen Produktionskosmos dieses zuerst römischen Grenzland-Militärstützpunktes und später wohlhabenden Handelsplatzes: Endpunkt der im Baltikum beginnenden Bernsteinstraße, sind in Aquileia gefertigter Bernsteinschmuck und syrisch inspirierte farbige Glasprodukte ein Augenfest.
Ergänzt um die Geschichte von Flusshafen, Forum(-Portikus) und „Großem Mausoleum“, bleibt eine differenzierende Archäologen-Kritik an deren Rekonstruktion zwar nicht ausgespart. Dass sie jedoch von der politischen Instrumentalisierung durch „Italianitá“ und augusteisch-imperiales „Romanitá“-Kulturverständnis (Mussolinis) geprägt ist, die auch das gesamte Basilika-Areal bestimmt, erfährt der Leser nicht. Diese missliche Fehlstelle trübt die Sicht auf diesen fundierten, informativen Archäologie-Führer für Kenner. Der, wie üblich, mit seinen Angaben zu Museums-Öffnungszeiten an italienischen Realitäten scheitern muss.

07.09.2012

Wolfgang Schmidt, Berlin-Friedenau
Glaser, Franz; Pochmarski, Erwin. Aquileia. Italien-Friaul. Kulturführer zur Geschichte und Archäologie. 120 S., 40 meist fb. Abb. 22 x 16 cm. Br. Philipp Zabern, Mainz 2012. EUR 19,90 CHF 30,50
ISBN 978-3-8053-4277-3
 
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